George Floyd

George Floyd: Erster Prozess nach tragischem Tod

Keystone-SDA
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USA,

Bald startet der Prozess rund um den Fall George Floyd. Am Montag beginnt in den USA die Auswahl der Geschworenen. Ein Rückblick auf die tragischen Ereignisse.

George Floyd
Blick auf eine beleuchtete Gedenkstätte für George Floyd, der am 14. Oktober 47 Jahre alt geworden wäre. - sda

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 25. Mai 2020 starb George Floyd einen Tod durch Polizeigewalt.
  • Das tragische Ereignis führte zu zahlreichen Protesten und Ausschreitungen.
  • Morgen Montag beginnt die Auswahl der Jury für den Prozess gegen den angeklagten Beamten.

Gut acht Minuten lang kniet der weisse Polizist auf dem Hals des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd. «Ich kann nicht atmen», fleht der 46-Jährige mehrfach, bevor er für immer verstummt.

George Floyd Polizei
Der Polizist Derek Chauvin drückte minutenlang sein Knie gegen den Hals von George Floyd. - dpa

Der Beamte Derek Chauvin bohrt sein Knie jedoch weiter in seinen Hals, schreiende Passanten ignoriert er. Videos haben den brutalen Polizeieinsatz festgehalten. Danach forderten in den USA zahllose Demonstranten «Gerechtigkeit für George». Nun sind die Erwartungen gross: Chauvin wird ab diesem Montag der Prozess gemacht.

Viele Menschen, darunter wohl auch die meisten schwarzen Amerikaner, hoffen auf eine lange Haftstrafe. Auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt setzt. Ein Zeichen dafür, dass Gewalt gegen Schwarze in den USA nicht ungestraft bleibt.

Weitere Protestwelle?

Es könnte jedoch zu einer neuen Protestwelle kommen. Dies, falls das Gericht in Minneapolis im nördlichen Bundesstaat Minnesota Chauvin nur eine geringe Haftstrafe auferlegen oder ihn freisprechen sollte.

minneapolis
Protest in Minneapolis. (Archivbilder) - AFP

Das Schicksal von George Floyd war neben Pandemie und Wahlkampf eines der drei Mega-Ereignisse, die 2020 die USA geprägt haben. Die brutale Tötung des Schwarzen am 25. Mai riss die tiefen Wunden des Rassismus erneut auf.

Es ging ein Aufschrei durchs ganze Land. Trotz der Corona-Auflagen kam es zu wochenlangen Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Viele Beobachter sprachen von der grössten Protestwelle seit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.

Rassismus auch 150 Jahre nach Abschaffung der Sklaverei ein Problem

Fast überall waren bei Protesten Plakate zu sehen. Dies mit Aufschriften wie «Black Lives Matter», «No Justice, No Peace» oder «White Silence, White Violence». Beobachter wie der frühere Präsident Barack Obama merkten an: Noch nie gingen so viele Weisse für die Rechte Schwarzer auf die Strasse.

Demonstrationen USA George Floyd
Demonstranten in San Francisco am 31. Mai. auf den Tod von George Floyd folgt eine Protestwelle ungeahnten Ausmasses. - Keystone

Mehr als 150 Jahre ist die Abschaffung der Sklaverei her. Seit der vollen rechtlichen Gleichstellung Schwarzer in den USA sind gut fünf Jahrzehnte vergangen. Und doch gibt es in den USA noch viel Aufholbedarf.

Die strukturelle Benachteiligung der Minderheit, die rund 13 Prozent der Bevölkerung ausmacht, hat viele Facetten: Schwarze leben im Durchschnitt weniger lang und sind weniger gut gebildet als Weisse.

Rassismus kommt in vielen Formen

Das Vermögen einer durchschnittlichen weissen Familie ist Studien zufolge bis zu zehnmal so hoch wie das einer schwarzen Familie. Zudem werden Afroamerikaner und Schwarze deutlich häufiger Opfer von Polizeigewalt.

Oft ist der Rassismus im Alltag viel subtiler. Am Wochenende etwa berichteten viele US-Medien über einen Zwischenfall der schwarzen Poetin Amanda Gorman. Sie war mit ihrem Gedicht bei der Amtseinführung von Präsident Joe Biden berühmt geworden.

Amanda Gorman
Die US-Dichterin Amanda Gorman. (Archivbild) - AFP/Archiv

Ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes sei ihr am Abend vor ihrem Wohnhaus gefolgt, weil sie «verdächtig aussehe», berichtete die 22-Jährige. «Das ist die Realität für schwarze Mädchen: Am einen Tag nennen sie dich eine Ikone, am nächsten Tag eine Bedrohung», schrieb sie auf Twitter.

Tragischer Tod von George Floyd führt zu Veränderungen

Die Tötung von George Floyd und die Proteste setzen in den USA vieles in Bewegung. Statuen von Persönlichkeiten, denen Sklavenhaltung oder die Unterdrückung von Schwarzen vorgeworfen wird, verschwanden aus der Öffentlichkeit.

Prominente spendeten für Organisationen, die gegen Rassismus kämpfen. Firmen versprachen, Angehörige von Minderheiten gezielter zu fördern. Auch im Profisport, von der National Football League (NFL) bis zum Fussballverband, kam es zu Veränderungen.

Black Lives Matter
Die Spieler der Chicago Bears knien während der Nationalhymne in Solidarität mit der «Black Lives Matter»-Bewegung vor dem Spiel nieder. (Archivbild) - DPA

Mehrere Bundesstaaten und Städte brachten Polizeireformen auf den Weg, um exzessive Gewaltanwendung zu unterbinden. Sie verboten Polizisten zum Beispiel Würgegriffe und Halsfixierungen oder schränkten die Immunität der Beamten ein.

Grosse Änderungen erst seit Bidens Amtsantritt möglich

Auf Bundesebene gab es nur begrenzte Veränderungen, was vor allem am damaligen US-Präsidenten Donald Trump und seinen Republikanern lag. Vor wenigen Tagen beschloss das Repräsentantenhaus nun ein nach George Floyd benanntes Gesetz für Polizeireformen. Der Senat muss aber noch zustimmen – und ob die nötige Mehrheit dort zustande kommen wird, ist ungewiss.

kapitol
Ex-US-Präsident Donald Trump steht wegen des Sturms aufs Kapitol scharf in Kritik. - Keystone

Auch für den US-Wahlkampf markierte der Tod von George Floyd einen Wendepunkt. Dies, zumal er Schwarze, Angehörige von Minderheiten und auch viele Weisse politisch elektrisierte: Trump schimpfte vor allem über angeblich gewaltsame Demonstranten und wollte keine Anzeichen von strukturellem Rassismus in den USA erkennen.

Biden hingegen stellte sich hinter die Bewegung und warb für den Kampf gegen Rassismus. Der Demokrat und seine schwarze Vizepräsidentin Kamala Harris regieren jetzt im Weissen Haus. Nicht zuletzt wegen der Unterstützung vieler Schwarzer.

Hauptverfahren startet Ende März

Der Prozess gegen Chauvin beginnt mit der Auswahl der Geschworenen, das Hauptverfahren soll erst am 29. März starten. Das Gericht ist bereits mit Betonsperren und Zäunen abgeriegelt, die Polizei befindet sich im Grosseinsatz, Soldaten der Nationalgarde wurden mobilisiert.

Die Sicherheitskräfte wollen friedliche Proteste zulassen. Sie wollen aber auch Ausschreitungen verhindern, wie es sie nach dem Tod von George Floyd gegeben hatte.

Dem inzwischen entlassenen Polizisten, der auf Kaution freikam, wird Mord zweiten Grades ohne Vorsatz vorgeworfen. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag.

Gefängnisstrafe sehr wahrscheinlich

Die Anklage wirft Chauvin auch Totschlag zweiten Grades vor. Das kann zusätzlich mit 10 Jahren Haft geahndet werden. Ein Berufungsgericht entschied am Freitag, dass Chauvin auch noch wegen Mord dritten Grades angeklagt werden kann. Darauf stehen bis zu 25 Jahre Haft - diese Entscheidung könnte den Prozess aber noch mal etwas verzögern.

Eine Gefängnisstrafe für Chauvin scheint angesichts der Beweislage sehr wahrscheinlich. Fraglich ist aber, ob ihn das Gericht auch wegen Mordes schuldig sprechen wird. Davon wird die Länge der Haftstrafe abhängen.

Derek Chauvin
Derek Chauvin kniete mehrere Minuten lang auf George Floyd. Später verstarb der Festgenommene im Spital. - Hennepin County Jail/AFP/Archiv

Schreiben seiner Anwälte legen nahe, dass sie argumentieren wollen, der Einsatz sei gerechtfertigt gewesen, weil George Floyd Widerstand geleistet habe. Zudem argumentieren sie im Widerspruch zur amtlichen Autopsie: Floyds Tod sei auf dessen vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut zurückzuführen.

Die Polizisten hatten George Floyd wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Den übrigen drei an dem Einsatz beteiligten Ex-Polizisten werden Beihilfe zu Mord und Totschlag zweiten Grades zur Last gelegt.

Sie sind gegen Kaution auf freiem Fuss und müssen sich ab 23. August vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihnen auch langjährige Haftstrafen.

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