Künstliche Intelligenz von Amazon und Co. manipuliert Mitarbeiter
Kurz vor dem 100-Dollar-Bonus erhält ein Uber-Fahrer plötzlich keinen Auftrag mehr. Schuld ist wohl eine KI. Zig Konzerne manipulieren so ihre Mitarbeiter.
Das Wichtigste in Kürze
- Grossunternehmen wie Amazon oder Uber setzen bei Lohneinsparungen auf KI.
- So wird etwa ermittelt, ob ein Fahrer dazu tendiert, einen niedrigeren Lohn anzunehmen.
- Möglich ist dies dank der Sammlung enormer Datensätze unter anderem über frühere Löhne.
«Algorithmische Lohndiskriminierung» – so benennt die US-Juraprofessorin Veena Dubal einen gefährlichen Trend. Ein Trend, der im Arbeitsmarkt durch vom Management benutzte KI immer mehr Einzug hält.
Ein Beispiel ist der US-Uber-Fahrer Domingo: Eines Abends fehlt ihm eine Fahrt, um den 100-Dollar-Bonus zu erhalten. Er erzählt: Obwohl «Rushhour» und viel los ist, ist plötzlich 45 Minuten «tote Hose». Kein einziger Auftrag kommt rein. Für ihn fühlt es sich so an, als «werde ich von einem unbekannten, boshaften Gott bestraft».
Der Fahrer eines vergleichbaren Unternehmens sprach von einem «Glücksspiel der Arbeit. Das Haus gewinnt immer.» Auf Anfrage von «Business Insider» dementiert Uber die Studie von Dubal, die sich noch im Entwurfsstadium befindet.
Tatsächlich wurden – wohl auch wegen des Einsatzes von künstlicher Intelligenz – Uber und Konkurrent Lyft in Kalifornien 2020 verklagt. 1,3 Milliarden Dollar würden die Firmen den Fahrern an Zahlungen für ihre Arbeitsstunden schulden. Ein Gerichtsurteil steht noch aus.
Künstliche Intelligenz errechnet niedrigst möglichen Lohn
Das Problem von Firmen, die mittels KI beim Lohn sparen wollen, hat grosse Dimensionen: Laut Dubal verfügen Konzerne wie Amazon und Uber über «riesige Datensätze» über ihre Mitarbeiter.
Darunter: Wann und wie lange sie arbeiten und welchen Lohn sie in früheren Jobs erhalten haben. Die Unternehmen nutzen diese Daten, um «genau jene Lohnsätze zu berechnen, die nötig sind. Nötig, um Anreize für gewünschte Verhaltensweisen zu schaffen.» Selbst im Gesundheitssektor würden Arbeitnehmer damit für die gleiche Menge an Arbeit unterschiedlich bezahlt.
Die Studienautorin zeichnet ein düsteres Zukunftsbild: So könnten Firmen ihren Fahrern einen niedrigeren Tarif anbieten, sofern ein Algorithmus voraussagt, dass er diesen Tarif eher akzeptieren würde. Wenn ein Fahrer dazu tendiert, bis zu einem bestimmten Tagessatz zu arbeiten, beispielsweise 100 Dollar, könnte der Algorithmus ihm einen niedrigeren Preis anbieten, damit er länger arbeitet.
Der Aufschrei im Netz ist gross. «Sadismus und Profite stehen in der Prioritätenliste von Amazon nah beieinander», so ein Reddit-Nutzer. Als «Albtraum» bezeichnet ein anderer Nutzer es, «in einer Welt zu leben, die von Algorithmen beherrscht wird».