Im New Yorker Mammutprozess gegen den mexikanischen Drogenboss Joaquín «El Chapo» Guzmán hat die Verteidigung einen Freispruch gefordert.
Staranwalt Jeffrey Lichtman
Staranwalt Jeffrey Lichtman - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Lichtman bezeichnet Zeugen als Lügner und New Yorker Prozess als «Farce».
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Nicht «El Chapo» sei Anführer des berüchtigten Sinaloa-Kartells gewesen, sondern sein flüchtiger Mitgründer Ismael «El Mayo» Zambada, sagte Star-Anwalt Jeffrey Lichtman am Donnerstag in seinem Schlussplädoyer. Scharf ging Lichtman mit einigen Zeugen der Anklage ins Gericht. Deren Aussagen seien «Müll», die Geschworenen dürften ihnen nicht glauben.

In seinem mehr als vier Stunden langen Plädoyer bezeichnete Lichtman den seit drei Monaten dauernden Prozess als «Farce». Ziel sei es, «'El Chapo' dranzukriegen». Dieser sei jedoch nur der «Sündenbock», in Wahrheit sei das Kartell von «El Mayo» angeführt worden. Der 70-Jährige habe hunderte Millionen Dollar an Bestechungsgeldern bezahlt und sei deshalb bis heute niemals festgenommen worden.

14 frühere Mitarbeiter Guzmáns, die bei dem Prozess gegen ihren ehemaligen Boss ausgesagt hatten, bezeichnete der Strafverteidiger als chronische Lügner. «Diese Zeugen haben nicht nur zugegeben, jeden Tag ihres miserablen, egoistischen Lebens zu lügen - sie haben Sie hier im Gerichtssaal angelogen», sagte Lichtman an die Geschworenen gewandt. «Wenn Sie ihnen nicht glauben, können Sie Herrn Guzmán nicht verurteilen.»

Der prominente Strafverteidiger griff insbesondere die Drogenhändler Jorge und Alex Cifuentes an, die nach eigener Aussage lange Kokain an Guzmán geliefert hatten, bevor sie mit der US-Justiz kooperierten. «Würden sie den Cifuentes(-Brüdern) ein Auto abkaufen? Würden Sie sie als Babysitter einstellen? Natürlich nicht! Ihr Auto würde liegen bleiben, sobald Sie den Parkplatz verlassen haben, und Ihr Kind würde für ein Kilo Kokain verkauft. (...) Aber Sie vertrauen auf diese Männer, um Herrn Guzmán zu verurteilen?»

Lichtman wies auch die Aussage von Alex Cifuentes zurück, wonach Guzmán Ex-Präsident Enrique Peña Nieto 100 Millionen Dollar (87 Millionen Euro) an Bestechungsgeldern gezahlt haben soll. In Wahrheit habe Zamba das Geld gezahlt - und sei deshalb bis heute «frei wie ein Vogel». Nieto hat alle Bestechungsvorwürfe wiederholt zurückgewiesen.

Guzmán muss sich in New York unter anderem wegen Drogenschmuggels, Waffenhandels und Geldwäsche verantworten. Ihm droht lebenslängliche Haft. Laut Anklage soll das mexikanische Sinaloa-Kartell unter seiner Führung zwischen 1989 und 2014 fast 155 Tonnen Kokain und grosse Mengen andere Drogen in die USA geschmuggelt haben. Am Montag sollen die Geschworenen mit ihren Beratungen über Schuld oder Unschuld des 61-Jährigen beginnen.

Der von massiven Sicherheitsvorkehrungen begleitete Prozess gegen «El Chapo» hatte Anfang November begonnen. Während des Verfahrens hatte die Anklage über 50 Zeugen befragt sowie hunderte Dokumente und Dutzende abgehörte Telefonate aufgeboten. Sie schilderten bis in die grausamsten Details die extreme Gewalt und Korruption innerhalb des mächtigen Drogenkartells. Lichtman dagegen bot nur einen Zeugen auf und beendete dessen Befragung bereits nach einer halben Stunde.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Schlussplädoyer am Mittwoch gefordert, Guzmán für «seine Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen». Auf die Vorwürfe Lichtmans gegen ihre 14 Belastungszeugen aus dem Kartell entgegnete Staatsanwältin Amanda Liskamm, diese hätten eindeutig «Schlechtes getan». Guzmán aber sei ihr Chef gewesen, und eine einzige ihrer Aussagen genüge für seine Verurteilung.

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