Am K2: Nur zwei Bergsteiger versuchten, sterbenden Helfer zu retten
Nur zwei Bergsteiger versuchten, einem sterbenden Sherpa am zweithöchsten Berg der Welt zu helfen, während seine Kollegen vorsichtig an ihm vorbeikletterten.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Sherpa verunglückte bei einem Aufstieg des K2.
- Anstatt erste Hilfe zu leisten, stiegen fast alle Bergsteiger über den Körper hinweg.
- Ein Österreicher filmte die Szenen und kritisiert seine Kollegen stark.
Muhammad Hassan, 27, lag schwer verletzt 400 Meter unterhalb des Gipfels des K2, nachdem er am 27. Juli in einem Engpassbereich des Berges ausgerutscht war.
Der dreifache Vater soll mit einem Seil ausgerutscht sein und «hängengeblieben» sein und konnte weder sprechen noch hören, während er – zunächst vergeblich – auf Hilfe wartete. Das berichtet die «Daily Mail».
«War unmöglich, an den Körper zu kommen»
Anwar Syed von der Expeditionsgruppe, mit der Hassan unterwegs war, sagte gegenüber der Zeitung: «Zwei Bergsteiger haben ihr Bestes versucht, ihn herunterzutragen. Sie schafften es aber nicht und so starb er nach zwei Stunden».
Die Expedition behauptet, anderen Trägern Geld angeboten zu haben, um den Körper zu bergen, aber «jeder sagte, dass es unmöglich sei, an den Körper zu kommen».
Filmmaterial, dass der «Daily Mail» vorliegt, zeigt, wie sich Dutzende von Bergsteigerkollegen vorsichtig an ihn herantasten und dabei ihr Leben riskieren, während sie sich an der Seite des schmalen Vorsprungs festhalten.
Über Gefahren wird vom Weltverband ausführlich gewarnt
Doch zur Rettung kam es nicht. Die Bergsteiger kletterten um den verletzten 27-Jährigen herum.
Der Internationale Verband für Bergsteigen und Klettern (UIAA) weist darauf hin, dass alle Bergsteiger ihren Sport auf eigene Gefahr ausüben und für ihre eigene Sicherheit verantwortlich und haftbar sind.
In ihren Ratschlägen für Bergsteiger warnt die Gruppe, die als internationale Dachorganisation für Bergsteigen und Alpinismus gilt, dass «alle Teilnehmer an Bergsportarten die Risiken und Gefahren klar verstehen sollten».
Norwegerin wird stark kritisiert
Obwohl die Organisation nicht explizit angibt, wie oder ob die Bergsteiger Hassan hätten helfen sollen – insbesondere in Anbetracht der möglichen Gefährdung ihrer eigenen Sicherheit – werden sie aufgefordert, «bereit zu sein, anderen im Notfall oder bei einem Unfall zu helfen, und auch bereit sein, die Konsequenzen einer Tragödie zu tragen».
Kristin Harila, eine norwegische Bergsteigerin, den Vorfall beobachtete, behauotete, sie und ihr Team hätten alles getan, um Hassan zu helfen, aber die Bedingungen am K2 seien für eine Bergung einfach zu gefährlich gewesen.
Dafür wird die Norwegerin stark kritisiert. Unter anderem soll die Bergsteigerin kurz nach dem Erreichen des Gipfels ausgelassen gefeiert haben – trotz des Todesfalls.
«So etwas wäre in den Alpen undenkbar»: Österreicher rechnet mit Bergsteigerkollegen ab
Der österreichische Bergsteiger Philip Flämig filmte den Vorfall mit einer Drohne. Die Aufnahmen belegen, dass der Grossteil der Bergsteigergruppe den Notfall ignorierte. «Er wird von einer Person behandelt, während alle anderen nur den Gipfel besteigen wollen», so Fläming.
Norwegian mountaineer Kristin Harila denies group 'stepped over' dying porter during world record K2 climb.
— Sky News (@SkyNews) August 11, 2023
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«Die traurige Tatsache ist, dass es keine organisierte Rettungsaktion gab, obwohl Sherpas und Bergführer vor Ort waren, die hätten handeln können», so der Österreicher weiter.
Fläming bezeichnet den Tod als eine «Schande» für die Bergsteigergemeinde und fügte hinzu: «So etwas wäre in den Alpen undenkbar».
«Ein lebender Mensch wurde liegen gelassen, nur damit Rekorde aufgestellt werden konnten.»
Insgesamt halfen dem sterbenden Sherpa nur zwei Menschen. Alle anderen Bergsteiger kümmerten sich um ihre eigene Sicherheit.
Norwegerin verteidigt ihr Verhalten
Die Norwegerin Kristin Harila wehrt sich gegen die Kritik von Fläming: «Es stimmt einfach nicht zu sagen, dass wir nichts getan haben, um ihm zu helfen. Wir haben versucht, ihn eineinhalb Stunden lang wieder hochzuheben, und mein Kameramann blieb eine weitere Stunde, um sich um ihn zu kümmern. Zu keinem Zeitpunkt wurde er allein gelassen.»
Man hätte Hassan unmöglich bergen können, so Harila. Ob es eine strafrechtliche Ermittlung in dem Fall geben wird, ist unklar.