Merkel in Japan zwischen Kaiser und digitaler Zukunft

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Japan,

Für Angela Merkel war es ein Besuch wie zwischen zwei Welten: Erst eine Audienz beim japanischen Kaiser in seinem ehrwürdigen Palast in Tokio. Dann Gespräche über Digitalisierung, Huawei und die Risiken Künstlicher Intelligenz. Dabei wird die Kanzlerin fast philosophisch.

Bundeskanzlerin Merkel wird vom japanischen Kaiser Akihito in der Residenz des Palastes empfangen. Foto: Kay Nietfeld
Bundeskanzlerin Merkel wird vom japanischen Kaiser Akihito in der Residenz des Palastes empfangen. Foto: Kay Nietfeld - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Kanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem Japan-Besuch von China Sicherheiten für den Einsatz von Technik des Telekom-Riesen Huawei beim Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes in Deutschland verlangt.

Man müsse mit China darüber sprechen, «dass eben nicht die Firma einfach die Daten an den Staat abgibt, die verwendet werden, sondern dass man da Sicherheiten bekommt», sagte Merkel in Tokio. Bevor sie sich am letzten Tag ihres Japan-Besuchs der Digitalisierung, Künstlichen Intelligenz und anderen aktuellen Themen widmete, tauchte die Kanzlerin bei einer Audienz des Kaisers in die Zurückgezogenheit uralter japanischer Tradition und Kultur ein.

Huawei gehört zu den grössten Anbietern der 5G-Mobilfunktechnik, die deutlich schnellere Datenübertragungsraten bringen soll. In den USA und auch in Deutschland sind die Chinesen von Huawei zuletzt wegen Sicherheitsbedenken rund um Datennetzwerke aber schwer unter Druck geraten. Die Huawei-Kritiker befürchten, dass das Unternehmen staatlichen Stellen in China den Zugang zu den übertragenen Daten ermöglichen kann. Konkrete Beweise dafür gibt es aber nicht.

Bei einer Diskussion mit Studenten der japanischen Elite-Universität Keio in Tokio forderte Merkel China auf, mit seinem wachsenden globalen Anspruch auch mehr Verantwortung in der Welt zu übernehmen. China werde «mehr hineinwachsen müssen in die Verantwortung für eine friedliche Weltordnung».

Der chinesische Staat solle nicht auf Daten aller chinesischer Produkte zugreifen können, die in Deutschland eingesetzt würden, sagte die Kanzlerin mit Blick auf die Vorwürfe gegen Huawei. Es müssten mit China Wege gefunden werden, dass mit geistigem Eigentum «sorgsam und fair» umgegangen werde, so Merkel.

Die Bundesregierung verfolge intensiv den Handelsstreit zwischen den USA und China, sagt Merkel. Ein Konsumeinbruch in China als Folge des Handelskonflikts mit den USA sei in Deutschland und Japan sofort spürbar, da die Wirtschaften eng verflochten seien. Deshalb setzten sich Japan und Deutschland für eine multilaterale Handelsordnung und eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Dies werde auch starker Akzent der laufenden japanischen G20-Präsidentschaft sein.

Mahnende Worte findet sie gegen den unkontrollierten Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI). Man müsse die KI entmystifizieren und ein nüchternes Verhältnis zu deren Einsatz haben. «Was wir tun, muss dem Menschen dienen» - und der Mensch müsse die Oberhand behalten.

Das Wichtigste sei es, ethische Leitplanken für KI-Nutzung festzulegen. Dabei werde auch darüber gesprochen werden müssen, wie lange man noch eine menschliche Persönlichkeit sei. «Wenn ich aber einen Chip in mein Gehirn bekomme, damit ich schneller denken kann oder besser denken kann - bin ich dann auch noch derselbe Mensch? Wo endet mein Menschsein», fragt Merkel fast philosophisch. Man werde eines Tages unser Denken lesen können. «Wollen wir das?»

Bei einem anschliessenden deutsch-japanischen Wirtschaftsforum spricht sich die Kanzlerin für ein internationales Vorgehen beim Schutz grosser Datenmengen wie bei KI aus. «Wenn jeder nur sein Süppchen kocht, macht uns das ja kaputt», meinte die Kanzlerin. Japan werde das Thema auf die Tagesordnung des G20-Gipfels im Juni setzen. In diesem Bereich gebe es auch grosse Chancen der Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland, der Nummer Drei und Vier der Weltwirtschaft.

Begonnen hatte der Tag für die Kanzlerin jedoch fernab moderner Spitzentechnologien: Als Kaiser Akihito die Kanzlerin zum Gespräch empfängt, tut er dies im Shohiroma, dem Kleinen Audienzraum seiner Residenz im streng abgeriegelten Park des kaiserlichen Palastes von Tokio. Die Kanzlerin ist im blauen Blazer mit schwarzer Hose erschienen, der Kaiser im elegant-schlichten schwarzen Anzug. Schon bei der Begrüssung wirken der kurz vor der Abdankung stehende 85-Jährige und die in ihrer letzten Amtszeit regierende deutsche Regierungschefin einander zugewandt. Die Kanzlerin verneigt sich leicht, der Kaiser reicht ihr die Hand - eine Geste des Respekts.

Der Shohiroma ist ein kleiner Raum, das Ambiente strahlt Ruhe aus. Traditionelle Papierwände, helles Holz, heller Teppich. Merkel und der Tennō sitzen in Holzsesseln, plaudern entspannt. Nach dem Austausch formeller Grüsse geht es weniger steif zu. Fotos zeigen, wie Merkel gestikuliert - die Inhalte des Gesprächs bleiben zunächst unbekannt.

Es war schon das dritte Treffen der Kanzlerin mit dem Tennō. Er spielt eine wichtige integrative Rolle im Staatswesen, ist aber kein Akteur der Tagespolitik. Am 30. April wird Akihito abdanken - es ist das erste Mal seit rund 200 Jahren in Japan, dass ein Kaiser zu Lebzeiten seinem Nachfolger den Thron überlässt. Akihito geht diesen Schritt aus Gesundheitsgründen. Am 1. Mai wird sein Sohn Naruhito (58) den Chrysanthementhron besteigen - die Kanzlerin traf auch ihn.

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