Erneut Proteste auf griechischer Insel Lesbos gegen neue Flüchtlingslager
Das Wichtigste in Kürze
- Regierung zieht Bereitschaftspolizisten nach Ausschreitungen am Vortag ab.
«Keine Lager auf den Inseln», riefen friedlich marschierende Demonstranten in der Hafenstadt Mytilene. Am Vortag waren die Proteste eskaliert, als Teilnehmer Steine auf Polizisten warfen und diese mit Tränengas, Blendgranaten und dem Einsatz von Gummigeschossen reagierten. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt.
Auch auf der Nachbarinsel Chios kam es wie am Mittwoch zu einem Protestmarsch mit hunderten Menschen. Derweil rief die Regierung in Athen zum Dialog auf und erklärte, dass hunderte entsandte Bereitschaftspolizisten die Inseln wieder verlassen hätten.
Nach wochenlangen erfolglosen Gesprächen mit den örtlichen Behörden über die Pläne, die bestehenden, komplett überlasteten Lager durch neue zu ersetzen, hatte die konservative Regierung am Montag Baumaschinen und hunderte Polizisten nach Lesbos und Chios entsandt und damit für breite Empörung gesorgt.
Die Bewohner der Inseln beschweren sich seit langem, dass die Anwesenheit tausender Asylsuchender die Sicherheit und die öffentliche Gesundheit bedrohe. Lesbos sei «zu einem riesigen Gefängnis» für Migranten geworden, sagte Demonstrant Michael Hakas, ein 47-jähriger Universitätsangestellter. «Wir haben in all den Jahren unsere Solidarität gezeigt, aber die Last muss nun von den Inseln genommen werden.»
Die Regierung in Athen will mit dem Bau von neuen abgeriegelten Flüchtlingslagern bis Mitte 2020 fertig sein. Die alten Einrichtungen sollen geschlossen werden. In den neuen Lagern sollen nach Angaben von Migrationsminister Notis Mitarachi 20.000 Asylbewerber für eine Dauer von maximal drei Monaten untergebracht werden. Überdies sollen die Migranten die neuen Einrichtungen nicht mehr unkontrolliert verlassen können.
Im vergangenen Jahr verzeichnete Griechenland die höchste Zahl neu ankommender Flüchtlinge in Europa. Derzeit sitzen auf fünf griechischen Ägäis-Inseln mehr als 38.000 Asylsuchende unter von Hilfsorganisationen als unmenschlich bezeichneten Zuständen in überfüllten Lagern fest. Tatsächlich sind die Lager nur für rund 6200 Menschen ausgelegt.
Die seit Juli amtierende griechische Regierung unter dem Konservativen Kyriakos Mitsotakis steht unter Druck, die Probleme schnell zu lösen. Für den Frühling wird mit einer erneuten Zunahme ankommender Flüchtlinge gerechnet.