Kremlchef Putin scheut den Kriegszustand. Ist es eine Strategie oder fürchtet er um die Stabilität Russlands?
Ukraine-Krieg - Kursk
Russland hatte zuletzt Zivilisten aus der Region Kursk evakuiert. (Archivbild) - dpa

Nach dem Einfall ukrainischer Truppen im russischen Gebiet Kursk spielt der Kreml nach Einschätzung westlicher Militärexperten den Ernst der Lage in der Region herunter. Die Region an der Grenze zur Ukraine sei nur zu einer Zone für Anti-Terror-Operationen und nicht zu einem Kriegsgebiet erklärt worden, um womöglich Panik in der russischen Gesellschaft zu verhindern, hiess es in einer vom Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington veröffentlichten Analyse.

Kremlchef Wladimir Putin scheue die Ausrufung des Kriegszustandes, weil er um die Stabilität im Land fürchte, hiess es. Putin habe im Zuge seiner Invasion der Ukraine immer wieder gezeigt, dass er nicht bereit sei, die gesamte russische Gesellschaft in einen Kriegszustand zu versetzen.

Russland erklärt Grenzgebiete zu Anti-Terror-Zonen

Die ISW-Experten teilten mit: «Der Kremlchef will neuen Unmut im Land wie bei den Protesten gegen die Mobilmachung im Herbst 2022 aus dem Weg gehen – auch aus Angst um die Stabilität seines Systems». Aus Protest gegen die Zwangsrekrutierung von Reservisten für den Krieg hatten damals Hunderttausende das Land verlassen.

Russland hatte die Grenzgebiete Kursk, Belgorod und Brjansk in der Nacht zum Samstag zu Zonen für Anti-Terror-Operationen erklärt. Damit bekommen das Militär und anderen Teile des Sicherheitsapparats deutlich mehr Befugnisse, Personal, Ausrüstung und Mittel.

Das gilt als eine Vorstufe zur möglichen Verhängung des Kriegsrechts. Russische Militärblogger und auch der vor knapp einem Jahr bei einem Flugzeugabsturz gestorbene Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatten immer wieder das Kriegsrecht gefordert, um schlagkräftiger zu werden.

Ukrainische Truppen in Russland: Was passiert als Nächstes?

Die Lage im Gebiet Kursk ist unübersichtlich. Die Behörden warnten vor Panik und forderten die Menschen auf, Ruhe zu bewahren. Vielerorts war Luftalarm zu hören, wie aus offiziellen Videos aus der Region hervorging.

Der geschäftsführende Gouverneur Alexej Smirnow informierte auch in seinem Telegram-Kanal dauernd über den Raketenalarm und betonte: «Die Lage sei unter Kontrolle.» Das russische Militär zog nach eigenen Angaben weitere Kräfte zusammen, um den ukrainischen Einmarsch zurückzuschlagen.

Ukraine hält Stellungen trotz russischer Truppenkonzentration

Nach Einschätzung der ISW-Experten verlangsamte sich der ukrainische Vormarsch angesichts der russischen Truppenkonzentration im Gebiet Kursk. Trotzdem hielten die ukrainischen Streitkräfte zuvor gemeldeten Stellungen und hätten sich auch etwas weiter vorwärts bewegt.

Dies teilte das Institut unter Berufung auf russische Militärblogger und die Auswertung von Geodaten mit.

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