Körperliche und psychische Probleme, erhöhtes Suizidrisiko, Verlust von Partner oder Job: Die Folgen von Glücksspielsucht sind drastisch, warnen Experten.
Glücksspiel
Die Schäden auf Individuen durch Glücksspiel sind offenbar höher als bisher angenommen. (Symbolbild) - Sebastian Gollnow/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Experten warnen vor Glücksspielen, es sei eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit.
  • Psychische und physische Probleme, zerstörte Beziehungen und Suizidrisiko werden genannt.
  • Rund 500'000 Menschen sind von negativen Auswirkungen von Glücksspiel betroffen.
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Glücksspielsucht verursacht wesentlich mehr Schäden bei Menschen als bislang angenommen. Zu diesem im Fachmagazin «The Lancet» veröffentlichten Ergebnis kommt eine Kommission.

Die Kommission besteht aus Experten in den Bereichen Glücksspielforschung, öffentliche Gesundheit, globale Gesundheitspolitik, Risikokontrolle und Regulierungspolitik. Glücksspiel sei «eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit», stellt der Bericht fest.

Demnach kann Glücksspielsucht zu physischen wie psychischen Schäden führen. Sie kann Beziehungen und Familien zerstören, das Suizidrisiko steigern, zum finanziellen Ruin führen. Sie fördere auch Kriminalität sowie häusliche Gewalt könne für den Verlust des Arbeitsplatzes verantwortlich sein.

Fast eine halbe Milliarde Betroffene weltweit

Drastisch verschärft hat sich die Situation demnach zum einen durch die internationale Ausbreitung des kommerziellen Glücksspiels. Vor allem aber durch die Digitalisierung.

«Jeder, der ein Mobiltelefon besitzt, hat heute 24 Stunden am Tag Zugang zu einem Casino in seiner Tasche.» Dies betont Heather Wardle von der britischen Universität Glasgow, Co-Vorsitzende der Kommission. Die Bereiche Online-Sportwetten und Online-Casinos wachsen derzeit dem Bericht zufolge am schnellsten.

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Experten warnen vor Online-Glücksspiel. - afp

Aktuell sind demnach weltweit schätzungsweise fast 450 Millionen Menschen von negativen Auswirkungen von Glücksspiel betroffen. Sie sind durch mindestens ein Verhaltenssymptom oder einen persönlichen, sozialen oder gesundheitlichen Nachteil betroffen.

80 Millionen Menschen leiden unter einer Glücksspielstörung oder problematischem Glücksspiel. Also etwa so viele, wie unser Nachbarland Deutschland Einwohner hat.

Branche wächst enorm

Wardle von der Universität Glasgow erklärt: «Ein ausgeklügeltes Marketing und eine ausgeklügelte Technologie machen es leichter, mit dem Glücksspiel zu beginnen, und schwerer, damit aufzuhören.»

Viele Produkte seien so konzipiert, dass sie zu wiederholtem und längerem Spielen anregen. «Das weltweite Wachstum dieser Branche ist phänomenal, wir müssen alle gemeinsam aufwachen und handeln.»

Kennst du jemanden, der süchtig nach Glücksspielen ist?

Zwar handelt es sich der Kommission zufolge um ein globales Problem. Dieses sei aber nicht ausgeglichen auf alle Bevölkerungsschichten verteilt. Besonders gefährdet seien Menschen aus benachteiligten sozioökonomischen Gruppen.

Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen seien oft weniger gut ausgestattet, um die Industrie zu regulieren. So können sie auch weniger gut mit den dadurch entstehenden Schäden umgehen.

Kinder und Jugendliche «besonders anfällig»

Zudem würden vor allem Kinder und Jugendliche routinemässig mit Werbung für Glücksspielprodukte konfrontiert. Darüber hinaus sei Glücksspiel oft in Videospiele eingebettet.

Co-Autorin Kristiana Siste von der Universität Indonesia erklärt: «Kinder und Jugendliche sind besonders anfällig für die Verlockungen des leichten Geldes und die spielerische Gestaltung von Online-Spielen.» In der Werbung würde die Industrie Glücksspiel grundsätzlich als harmlose Unterhaltung anpreisen.

Auch daher betont Malcolm Sparrow von der Harvard Kennedy School in den USA: «Die Kommission fordert die politischen Entscheidungsträger auf, das Glücksspiel als ein Problem der öffentlichen Gesundheit zu behandeln. So wie wir andere süchtig machende und ungesunde Waren wie Alkohol und Tabak behandeln.»

Welche Massnahmen fordert die Kommission?

Die Glücksspielindustrie nutze innovative digitale Marketingansätze, um ihre Produkte zu fördern und ihre Interessen zu schützen. Darum fordert die Kommission ein effektives und gut ausgestattetes Regulierungssystem.

Zudem verlangt sie eine internationale Zusammenarbeit und Führung, um die Folgen des kommerziellen Glücksspiels für die öffentliche Gesundheit zu verringern. Dies sei in allen Ländern nötig – unabhängig davon, ob Glücksspiel dort legal ist oder nicht.

Konkret sollten Glücksspiele in Zukunft weniger verfügbar sein. Zudem sollten gefährdete Gruppen der Gefahr weniger ausgesetzt sein. Ausserdem fordert die Kommission mehr Unterstützung und Behandlungsmöglichkeiten für Süchtige sowie Aufklärungskampagnen zu den Schäden von Glücksspiel.

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