Kurioses Phallus-Festival in Japan
Das Wichtigste in Kürze
- «Der schmeckt erstaunlich gut», sagt Jennifer.
Die 40-jährige Amerikanerin blickt lachend auf einen Lolli in Phallusform. Im Hintergrund hallt Gejohle durch die Strassen, Gruppen von Japanern tragen unter anfeuernden Rufen einen heiligen Schrein mit senkrechtem Holz-Penis auf den Schultern durch die Strassen.
«Sowas habe ich noch nie zuvor gesehen», sagt Jennifers Freundin Jerry. «Als ich davon hörte, dachte ich: Sowas gibt's echt?!»
So wie die Touristinnen aus San Francisco zog es am Sonntag zahlreiche Besucher aus aller Welt in die Tokioter Nachbarstadt Kawasaki. Beim Kanamara Matsuri - «Festival des metallenen Phallus» - dreht sich zum Frühlingsbeginn auf dem Gelände des Schreins Wakamiya Hachimangu und in den umliegenden Gassen alles um das männliche Geschlechtsteil.
Im Ursprung geht es darum, die Götter um Fruchtbarkeit und eine sichere Geburt ihrer Kinder zu bitten. «Die Götter werden uns als Pärchen denke ich helfen», erzählt Shinya und blickt lächelnd seine Freundin an. Sie hätten nämlich noch keine Kinder, sagt der japanische YouTuber und blickt durch eine Plastikbrille, von der ein Gummipenis über seiner Nase herabhängt.
Kinder kann Japan tatsächlich gebrauchen. Die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt sieht sich mit den Herausforderungen einer rapiden Überalterung und sinkender Geburtenrate konfrontiert. Die Bevölkerung des Landes schwindet. Doch von solchen Problemen wollen die Besucher des Penis-Festivals zumeist nichts wissen, es geht fröhlich und unverkrampft zu.
Der Ursprung des Festes liegt im 17. Jahrhundert: Prostituierte baten die Götter damals um gute Geschäfte und Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Auch an anderen Orten des Landes gibt es ähnliche Feiern. In Kawasaki tragen Japaner in traditionellen Festjacken drei Schreine (Omikoshi) durch die Menge, auf denen jeweils ein Phallus thront. Einen davon, ein mächtiges, rosafarbenes Exemplar, haben Mitarbeiter eines Transvestitenclubs gespendet.
Die Veranstalter begrüssen die Menge mit den Worten: «Verehrte Damen und Herren und andere» - und ernten damit grossen Applaus. LGBT (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) haben es im Inselreich noch immer schwer. Gesetze werden noch immer so ausgelegt, dass eine Heirat nur zwischen Mann und Frau erlaubt ist. Einzelne Gemeinden haben immerhin Partnerschafts-Verordnungen für gleichgeschlechtliche Paare erlassen. Das erleichtert Vorhaben wie das Anmieten einer gemeinsamen Wohnung.