Hunderte entführte Schüler in Nigeria wurden freigelassen
Hunderte Eltern in Nordnigeria atmeten auf am späten Donnerstagabend: Ihre von Bewaffneten verschleppten Kinder sind nach tagelangem Bangen wieder frei.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor einer Woche entführte die Terrorgruppe Boko Haram hunderte nigerianische Schüler.
- Die Jungen wurden nach tagelanger Quälerei nun wieder freigelassen.
- Am Freitag durften ihre Eltern sie wieder in die Arme nehmen.
Der Überfall auf eine Schule in Nigeria zeigt, mit welcher Macht Extremisten dort Angst und Terror verbreiten können. Der Konflikt zerrüttet den Norden des Landes. Es droht eine humanitäre Katastrophe.
Die erlösende Nachricht kam in den Spätnachrichten des Staatsfernsehens. Die Jungen waren vor einer Woche aus der Oberschule in Kankara in der Region Katsina von islamistischen Extremisten entführt worden.
«Ich bin erleichtert zu erfahren, dass 344 Kinder Berichten zufolge vergangene Nacht freigelassen wurden. Wir warten nun auf ihre sichere Heimkehr zu ihren Familien», sagte am Freitag Peter Hawkins. Er ist der Landesvertreter der UN-Bildungsorganisation Unicef.
Sollten weitere Kinder zurückgehalten worden sein, so müssten sie ebenso wie alle anderen verschleppten Kinder unverzüglich freigelassen werden. Solche Attacken auf Schulen sprächen Kindern das Recht auf Bildung ab, sagte er.
Mustapha Gagariga sprach zu der Deutschen Presse-Agentur, bevor er sich auf den Weg aus seinem Dorf nach Katsina machte: «Ich kann es kaum erwarten, meinen Sohn wiederzusehen. Uns wurde gesagt, dass der Gouverneur sie vor ihrer Entlassung nach Hause erst noch mal medizinisch untersuchen lassen will.»
Auch andere Eltern fieberten am Freitag in banger Erwartung dem Wiedersehen mit ihren Kindern entgegen. Gegen Mittag trafen sie am Sitz der Landesregierung ein – einige trugen noch ihre Schuluniformen. Viele von ihnen wirkten angesichts des Erlebten ermattet und traumatisiert.
Nigeria: Schüler wurden tagelang gequält
In ersten Berichten sprachen sie vor Journalisten von zweitägigen nächtlichen Gewaltmärschen – teils barfuss. Zu essen gab es lediglich ein paar rohe Kartoffeln. Der Ort, an dem sie letztlich freikamen, lag mehr als 80 Kilometer von ihrer Schule entfernt.
Unmittelbar vor der Freilassung war noch ein Video in den sozialen Medien des Landes aufgetaucht. Es zeigte verängstigt blickende, staubbedeckte Jungen vor einem bewaldetem Gebiet. Auf dem mehrminütigen Video war die Stimme eines Unbekannten zu hören, der an die Adresse der Provinzregierung betont: «Sie sind bei guter Gesundheit – schaut sie euch an.»
In einer Audio-Botschaft hatte die sunnitische Terrorgruppe Boko Haram die Tat mit einer islamfeindlichen westlichen Erziehung der Kinder begründet. Bei früheren Entführungen waren die verschleppten Opfer ebenfalls öffentlich vorgeführt worden, um Forderungen nach Lösegeld durchzusetzen. Es ist eine wichtige Finanzierungsquelle der Organisation. Allerdings blieben die Hintergründe der plötzlichen Freilassung am Freitag zunächst unklar.
Der Überfall auf die Kankara-Schule mit ihren rund 800 Jungen hatte zu Protesten der Bevölkerung sowie Lehrergewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen geführt.