Aktuell leiden mehrere Millionen Menschen im Sudan unter akutem Hunger. Die Prognosen stehen schlecht, wie ein neuer Bericht von Unicef, FAO und WFP zeigt.
Sudan Hunger
Am 6. April 2024 werden unterernährte sudanesische Kinder in einer MSF-Klinik im Lager Metche im Tschad nahe der sudanesischen Grenze behandelt. Familien in der umkämpften westlichen Region Darfur im Sudan erhielten am Donnerstag, den 20. Juni 2024, endlich eine dringend benötigte Aufstockung der Nahrungsmittelhilfe und der Nahrungsmittellieferungen, um eine drohende Hungersnot abzuwenden, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen mitteilte. - keystone/AP Photo/Patricia Simon

Das Wichtigste in Kürze

  • Durch den Krieg verschlechtert sich die Ernährungssituation im Sudan zusehends.
  • 26 Millionen Menschen sind von «akuter Ernährungsunsicherheit» betroffen.
  • Nach der IPC leben 755'000 Menschen in Regionen mit akuter Hungersnot.
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Der Sudan steht vor einer verheerenden Hungerkatastrophe, wie es sie seit der Darfur-Krise Anfang der 2000er Jahre nicht mehr gegeben hat. Die Leiter der drei UN-Organisationen FAO, Unicef und dem Welternährungsprogramm WFP warnen, dass durch den Krieg die Ernährungssicherheit sowie die Lebensbedingungen der Menschen im Sudan, insbesondere der Kinder, noch verschlechtert werden. Ein sofortiger Waffenstillstand sowie erneute internationale Bemühungen sind dringend erforderlich, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen.

Die rasche Verschlechterung der Ernährungssicherheit im Sudan hat dazu geführt, dass 755'000 Menschen in 14 Gebieten unter katastrophalen Bedingungen (IPC-Phase 5) leben und von einer Hungersnot bedroht sind. Dies geht aus den neuesten Daten der Integrated Phase Classification zur Ernährungssicherheit (IPC) hervor.

Karte des Sudan mit Risiken einer Hungersnot. - IPC

Die schlimmsten Bedingungen herrschen in den Gebieten, die am stärksten von Kämpfen betroffen sind und in denen sich vertriebene Menschen gesammelt haben. Insgesamt leiden 25,6 Millionen Menschen unter akutem Hunger (IPC-Phase 3+). Das bedeutet, dass die Hälfte der vom Krieg gezeichneten Bevölkerung jeden Tag darum kämpfen muss, sich und ihre Familien zu ernähren.

Erneut katastrophale Bedingungen wie beim Genozid 2004

Seit der Einführung der IPC-Klassifikation im Jahr 2004 wurden im Sudan zum ersten Mal katastrophale Bedingungen (IPC-Phase 5) bestätigt. Im Gegensatz zur Darfur-Krise vor zwanzig Jahren erstreckt sich die aktuelle Krise jedoch auf das gesamte Land. Katastrophale Hungersniveaus haben sogar die Hauptstadt Khartum und den Gezira-Staat erreicht.

Gegenüber der letzten Prognose vom Dezember 2023, die 17,7 Millionen Menschen mit akutem Hunger (IPC-Phase 3+) auswies, hat sich die Lage für die Bevölkerung deutlich verschlechtert. Damals gab es fast 5 Millionen Menschen mit akutem Hunger, heute sind es fast 8,5 Millionen Menschen (IPC-Phase 4).

«Die neue IPC-Analyse hat eine Verschärfung und rasche Verschlechterung der Ernährungssicherheit im Sudan mit Millionen von Menschen, deren Leben in Gefahr ist, ergeben», so der FAO-Generaldirektor Qu Dongyu.

Sudan
Im Sudan tobt seit April 2023 ein blutiger Machtkampf. - keystone

Im Sudan im Nordosten Afrikas liefern sich seit April 2023 die Armee von Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und die rivalisierende RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo einen blutigen Machtkampf. Bei den Kämpfen wurden Zehntausende Menschen getötet – manche Schätzungen gehen Uno-Angaben zufolge sogar von bis zu 150'000 Toten aus.

Zudem wurden seit April 2023 mehr als 7,1 Millionen Menschen innerhalb des afrikanischen Landes vertrieben, weitere 1,9 Millionen flohen über die Grenzen des Sudan. Hilfsorganisationen warnen seit langem vor einer humanitären Katastrophe.

Uno: Beide Seiten benutzen Nahrung als Waffe

Beiden Seiten werden schon seit langem Kriegsverbrechen vorgeworfen, darunter bewusste Angriffe auf Zivilisten, der wahllose Beschuss von Wohngebieten und die Blockade humanitärer Hilfe. Einen Tag vor Veröffentlichung des Berichts hatten Uno-Experten beide Seiten beschuldigt, «Nahrung als Waffe zu benutzen und Zivilisten auszuhungern».

Erst vergangene Woche hatte die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) den andauernden Krieg im Sudan als eine der weltweit schwersten humanitären Krisen der vergangenen Jahrzehnte bezeichnet. «Im ganzen Land herrscht extremes Leid», erklärte MSF-Präsident Christos Christou. Dennoch sei die humanitäre Reaktion darauf «völlig unzureichend».

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