Internationale Kritik an geplanter israelischer Offensive in Rafah

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Die Absicht Israels, eine militärische Operation gegen die Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen durchzuführen, wird international kritisiert.

Palästinensische Familien fliehen vor den anhaltenden israelischen Angriffen auf Chan Junis in Richtung Rafah. Foto: Mohammed Talatene/dpa
Palästinensische Familien fliehen vor den anhaltenden israelischen Angriffen auf Chan Junis in Richtung Rafah. Foto: Mohammed Talatene/dpa - sda - Keystone/dpa/Mohammed Talatene

Die israelischen Pläne für eine Militäroffensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens, wo Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht haben, stossen international auf Kritik. Aussenministerin Annalena Baerbock warnte, dies wäre «eine humanitäre Katastrophe mit Ansage». Der britische Aussenminister David Cameron zeigte sich «zutiefst besorgt».

«Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas sucht in der Gegend Zuflucht», schrieb er auf der Plattform X (früher Twitter). Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sicherte den Zivilisten einen «sicheren Korridor» zu. Die islamistische Hamas drohte am Sonntag für den Fall einer israelischen Offensive in Rafah mit einem Abbruch der Gespräche über ein mögliches Geisel-Abkommen.

Netanjahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. «Es ist unmöglich, das Kriegsziel der Eliminierung der Hamas zu erreichen, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verbleiben», liess er mitteilen. Die Armee soll deshalb die Evakuierung der Zivilisten vorbereiten. Nach Angaben von Augenzeugen griff Israel bereits mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft an. Israelische Bodentruppen waren dort bislang aber nicht im Einsatz.

«Die Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen»

Vor dem Gaza-Krieg hatte die an Ägypten grenzende Stadt rund 300'000 Einwohner, inzwischen sollen sich dort mindestens 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge aufhalten. Die meisten von ihnen flohen aus anderen Teilen des Küstenstreifens dorthin, teils auf Anordnung des israelischen Militärs. Baerbock mahnte, dass die Not in Rafah schon jetzt unfassbar sei. «Die Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen», schrieb sie am Samstag auf X.

Die US-Regierung hatte sich schon vor Netanjahus Ankündigung deutlich gegen ein militärisches Vorgehen in Rafah ausgesprochen. UN-Generalsekretär António Guterres hatte vor einer weiteren Verschärfung der humanitären Lage und Folgen für die Region gewarnt. Ägypten befürchtet, dass ein massiver Militäreinsatz in Rafah zu einem Ansturm verzweifelter Palästinenser auf die ägyptische Halbinsel Sinai führen könnte.

«Wir sind in dieser Sache nicht leichtsinnig», versicherte der israelische Regierungschef in einem Interview des US-Senders ABC. Man werde der Zivilbevölkerung einen «sicheren Korridor gewähren, damit sie das Gebiet verlassen kann». Auf die Frage, wohin die Palästinenser in Rafah gehen sollen, sagte Netanjahu laut dem Bericht, dass man «einen detaillierten Plan» ausarbeite – ohne weitere Informationen preiszugeben.

Palästinenser: Mehr als 20 Tote bei Luftangriffen in Rafah

Rafahs Bürgermeister Ahmed al-Sufi warnte, ein Militäreinsatz in der Stadt werde zu einem Massaker führen. Bei Angriffen aus der Luft auf zwei Häuser sollen am Samstag mehr als 20 Menschen getötet worden sein. Der Bürgermeister bestätigte die Opferzahl.

Baerbock erklärte, dass Israel sich gegen den Hamas-Terror verteidigen, das Leid der Zivilbevölkerung aber grösstmöglich lindern müsse. Deshalb brauche es eine weitere Feuerpause, auch damit weitere von der Hamas festgehaltene Geiseln freikämen. «Den Weg dahin werde ich nächste Woche erneut in Israel besprechen», kündigte sie an. Es wird ihre fünfte Reise nach Israel seit Kriegsbeginn am 7. Oktober sein.

Israel meldet Hamas-Tunnel unter UNRWA-Hauptquartier

Israel erhob erneut schwere Vorwürfe gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen. Unter dessen Hauptquartier in der Stadt Gaza habe man einen Tunnel entdeckt, der der Hamas als Datenzentrale für den militärischen Geheimdienst der Miliz gedient habe, teilte das israelische Militär am Samstagabend mit. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini erklärte dazu, man habe das Gebäude bereits in der Anfangsphase des Kriegs geräumt und von einem Tunnel darunter nichts gewusst. Israels Aussenminister Israel Katz wies dies als «absurd» zurück und forderte die Ablösung des UNRWA-Chefs.

In der verlassenen Zentrale der UN-Organisation habe man in den vergangenen zwei Wochen grosse Mengen von Waffen und Sprengstoff gefunden, gab das israelische Militär weiter bekannt. Ausserdem würden Indizien darauf hindeuten, dass Räumlichkeiten der Zentrale von Hamas-Terroristen genutzt worden seien. Offen blieb, ob dies vor oder nach Kriegsbeginn gewesen sein soll. Die Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Das Personal des Hilfswerks habe das Hauptquartier auf Anordnung des israelischen Militärs bereits am 12. Oktober geräumt, schrieb UNRWA-Chef Lazzarini. Wann immer in der Vergangenheit ein verdächtiger Hohlraum in der Nähe oder unter dem Gelände gefunden worden sei, habe man umgehend Protestbriefe an die Konfliktparteien gerichtet.

Das UN-Hilfswerk war zuletzt stark in die Kritik geraten. Konkret wurde einigen Mitarbeitern zur Last gelegt, an dem beispiellosen Massaker der Hamas vom 7. Oktober im Süden Israels beteiligt gewesen zu sein.

Angehörige dringen auf Freilassung der Gaza-Geiseln

Nach Berichten israelischer Medien will eine Delegation des Forums der Familien von Geiseln, die die Hamas noch immer im Gazastreifen festhält, am Mittwoch zum Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs nach Den Haag reisen. Mit einer Klage gegen die Anführer der Miliz wollten die Angehörigen Haftbefehle gegen die Islamisten erwirken. Auf diese Weise solle der Druck erhöht werden, eine Freilassung der Geiseln zu erwirken.

Terroristen der Hamas und anderer Gruppen hatten bei ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 1200 Menschen getötet und weitere 250 verschleppt. Israels Militär geht seitdem mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive gegen die Hamas und ihre Verbündeten im Gazastreifen vor.

Während einer Feuerpause im November wurden 105 Geiseln freigelassen, im Gegenzug für 240 palästinensische Häftlinge. Derzeit befinden sich noch 136 Menschen in der Gewalt der Hamas, von denen nach israelischer Schätzung mindestens 30 nicht mehr am Leben sein dürften. Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser wiederum ist seit Kriegsbeginn nach palästinensischen Angaben auf mehr als 28'000 gestiegen.

Ringen um langfristige Waffenruhe

Ägypten, Katar und die USA bemühen sich erneut darum, eine längere Feuerpause herbeizuführen. Im Rahmen eines Abkommens sollen die im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln gegen palästinensische Gefangene in Israel ausgetauscht werden. Die Verhandlungen kommen nur schleppend voran.

Für den Fall eines militärischen Vorgehens in Rafah drohte die Hamas nun mit einem Abbruch: Jeder Angriff könne die Verhandlungen zunichtemachen, zitierte der palästinensische Fernsehsender Al-Aksa, der als Sprachrohr der Islamisten gilt, ein nicht näher genanntes hochrangiges Hamas-Mitglied.

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