Wegen der Empörung über den Raubbau an der Natur bangen immer mehr Firmen um Prestige und langfristige Geschäftsmodelle. Unternehmen kaufen nicht mehr in Brasilien ein, andere prüfen ihre Investments. Selbst vom mächtigen Agrarsektor bekommt Bolsonaro Kontra.
Mitarbeiter des IBAMA, der brasilianischen Umweltbehörde, stehen vor einem Brand in der Region Manicoré im Amazonasgebiet. Foto: Gabriela Biló/XinHua
Mitarbeiter des IBAMA, der brasilianischen Umweltbehörde, stehen vor einem Brand in der Region Manicoré im Amazonasgebiet. Foto: Gabriela Biló/XinHua - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Angesichts der verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet entdecken immer mehr Unternehmen ihr grünes Gewissen.
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Zahlreiche Investoren haben die brasilianische Regierung nun zu einem entschlossenen Kampf gegen die Abholzung und Brände im Amazonasgebiet aufgerufen. «Als Anleger sehen wir die Abholzung und deren Folgen für Artenvielfalt und Klima als ein systemisches Risiko für unsere Portfolios», hiess es in einem Brief von 230 Pensionsfonds, Vermögensverwaltungsgesellschaften und Kreditinstituten. Eigenen Angaben zufolge verwalten die Unternehmen insgesamt 16,2 Billionen US-Dollar (14,7 Billionen Euro).

Zuletzt hatte die Zahl der Abholzungen und Brände im Amazonasgebiet kräftig zugelegt. Meist werden zunächst die Bäume gefällt und die bereits abgeholzten Flächen danach von Farmern in Brand gesteckt, um neue Weideflächen und Ackerland für den Soja-Anbau zu schaffen. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind häufig auch kriminelle Netzwerke in die Abholzung verwickelt.

Der rechte Präsident Jair Bolsonaro sieht im Amazonasregenwald vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial und will mehr Flächen für Landwirtschaft, Bergbau und Energiegewinnung erschliessen. Wegen seiner Umweltpolitik war er zuletzt international in die Kritik geraten. Weil der Regenwald im Amazonasgebiet immense Mengen CO2 binden kann, hat er auch für das Weltklima eine grosse Bedeutung.

Die Unterzeichner des offenen Briefes - darunter die britische Grossbank HSBC, das französische Kreditinstitut BNP Paribas und die deutsche Deka Investment GmbH - riefen die Regierung dazu auf, durch bessere Kontrollen die illegale Abholzung zu unterbinden und den legalen Holzeinschlag deutlich zu reduzieren.

«Die Abholzung in der Region könnte das gesamte Ökosystem an einen Punkt bringen, an dem der Regenwald sich nicht mehr selbst erhalten kann und zu einer deutlich trockeneren Savannen-Landschaft wird», hiess es in dem Schreiben. «Das würde die Landwirtschaft und andere wirtschaftliche Unternehmungen fundamental erschüttern.»

Die Abholzung und die Brände im Amazonasregenwald hatten zuletzt auf der ganzen Welt für Bestürzung gesorgt. Die schwedische Modekette H&M und der US-Konzern VF Corporation, zu dem unter anderem die Bekleidungsmarken Timberland, Vans und North Face gehören, kündigten bereits an, vorerst kein Leder mehr aus Brasilien zu beziehen. Der weltgrösste Lebensmittelkonzern Nestlé will seinen Einkauf von Fleisch und Kakao auf dem Amazonasgebiet prüfen.

«Die Regenwald-Rodungen in Brasilien bereiten der deutschen Wirtschaft grosse Sorgen», sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, Anfang der Woche bei den Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstagen in Natal. «Der Schutz des Regenwaldes ist Teil unserer Bemühungen um globalen Klimaschutz.»

Wegen der zahlreichen Brände im Amazonasgebiet und der Haltung der brasilianischen Regierung wollen nun mehrere europäische Länder bei der Ratifizierung des neuen Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur auf die Bremse treten. Gerade die brasilianischen Rinderbarone und Soja-Bauern versprechen sich vom Abbau der Zölle satte Zugewinne im Exportgeschäft.

Deshalb bekommt Bolsonaro nun Kontra von seinen treuesten Verbündeten aus dem Agrarsektor. Die Regierung schade dem mühsam aufgebauten Image der brasilianischen Landwirte, sagte zuletzt Robert Brant vom Institut des Nationalen Bauernverbands. Der Gouverneur des Bundesstaates Maranhão, Flávio Dino, fürchtet sogar einen Boykott gegen landwirtschaftliche Produkte: «Wenn sich Brasilien auf internationaler Ebene isoliert, setzt es sich ernsten Handelssanktionen gegen unsere Produzenten aus.»

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