Israels Luftwaffe hat nach eigenen Angaben erneut Hunderte Ziele im Gazastreifen bombardiert und dabei mehrere Kommandeure der islamistischen Hamas getötet.
Israel-Krieg
Israelische Soldaten auf einem Panzer nahe der libanesischen Grenze während dem Israel-Krieg. - keystone

Wie das israelische Militär am Dienstagmorgen auf Telegram bekanntgab, seien im Verlauf des vergangenen Tages mehr als 400 «Terrorziele» getroffen worden. Die Lage der eine Million Vertriebenen ist laut den Vereinten Nationen trotz einiger Hilfslieferungen weiter verzweifelt.

Katar, einer der Unterstützer islamistischer Gruppen wie der Hamas, appellierte an Israel eindringlich, das Bombardement einzustellen. «Genug ist genug», sagte Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani.

Israel meldet Tod vieler Hamas-Kämpfer

In einer «grossangelegten Operation zur Zerschlagung der terroristischen Kapazitäten der Hamas» hat Israel nach Regierungsangaben Dutzende Hamas-Kämpfer getroffen, die sich darauf vorbereitet hätten, Raketen abzufeuern und Terroranschläge gegen Israel zu verüben.

Ein Kampfflugzeug habe zudem einen Tunnelschacht der Hamas bombardiert, der Terroristen einen schnellen Zugang zur Küste ermöglichte, hiess es. Ferner seien in der Nacht Kommandozentralen von Hamas-Aktivisten und Aufenthaltsorte in von der Hamas genutzten Moscheen angegriffen worden. Die stellvertretenden Kommandeure von drei Bataillonen der Islamistenorganisation seien getötet worden. Die Angriffe dauerten am Dienstag tagsüber weiter an.

Hamas will Geiseln nur gegen Treibstoff und Medikamente freilassen

Die Hamas will weitere Geiseln erst dann freilassen, wenn Israel die Lieferung von Treibstoff sowie Arzneimitteln in den Gazastreifen erlaubt. «Wir haben vier (Geiseln) bedingungslos aus humanitären Gründen freigelassen», sagte Osama Hamdan, ranghohes Mitglied im Politbüro der Hamas, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Beirut.

Weitere Freilassungen werde es erst geben, wenn die Weltgemeinschaft Druck auf Israel ausübe, damit Treibstoff und Arzneimittel geliefert werden könnten. Die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen braucht dringend Treibstoff, auch um die Versorgung etwa mit Wasser und Strom sicherzustellen.

WHO: Nur ein Fünftel des benötigten Wassers verfügbar

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt erneut Alarm wegen der Versorgungslage im Gazastreifen. Besonders prekär sei der Wassermangel, sagte Rick Brennan, der WHO-Regionaldirektor für die östliche Mittelmeerregion, am Dienstag.

Die WHO schätzt, dass pro Person nur noch drei Liter Wasser pro Tag zur Verfügung stehen – der minimale Bedarf pro Person sei aber 15 Liter, für das Trinken, Kochen und die Körperhygiene, sagte Brennan. Kaum einer habe in den vergangenen Wochen dort eine richtige Dusche oder ein Bad genommen.

Mit rund einer Million Vertriebenen sind demnach Toiletten ein Riesenproblem. Durchfallerkrankungen, Haut- und Atemwegsinfektionen seien nur eine Frage der Zeit, sagte Brennan. 180 bis 200 Frauen brächten jeden Tag ein Baby auf die Welt, könnten aber kaum sichere Räume für die Geburt finden oder bei Komplikationen Krankenhäuser erreichen. Das Wichtigste seien nun Treibstofflieferungen für Generatoren in Krankenhäusern und für Entsalzungsanlagen, die Trinkwasser aufbereiten.

UN: Bisher 54 Lkw mit Hilfslieferungen eingetroffen

Im Gazastreifen sind nach UN-Angaben seit Samstag 54 Lastwagen mit Hilfsgütern eingetroffen – ein Tropfen auf den heissen Stein, wie Tamara Alrifai, die Kommunikationschefin des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) am Dienstag berichtete. Zudem sei nicht der dringend benötigte Treibstoff für Generatoren dabei.

Stattdessen seien Reis und Linsen geliefert worden. Dafür brauchten die Menschen aber Wasser und Gas zum Kochen – diese Lieferungen seien nicht hilfreich, sagte Alrifai. Vor der Eskalation des Konflikts am 7. Oktober seien pro Tag 500 Lastwagen im Gazastreifen eingetroffen, darunter mindestens 100 mit Treibstoff und Nahrungsmitteln, sagte Alrifai.

Bericht: Israel zur Verschiebung der Bodenoffensive bereit

Israel hat sich einem Bericht zufolge bereit erklärt, die Bodenoffensive im Gazastreifen zu verschieben. Das solle Gespräche über die Freilassung einer grossen Anzahl verschleppter Geiseln ermöglichen, berichtete das Portal Axios am Dienstag unter Berufung auf zwei israelische Repräsentanten.

Die Pläne für die Bodenoffensive wolle Israels Armee aber auch beim Zustandekommens eines Deals zur Freilassung von Geiseln nicht aufgeben. Voraussetzung für das Zustandekommen sei die Freilassung aller Frauen und Kinder. Armeeangaben zufolge befinden sich noch mindestens 220 Geiseln in den Händen militanter Palästinenser im Gazastreifen. Am Freitag und am Montag waren jeweils zwei Frauen freigelassen worden.

Macron fordert Einhaltung humanitärer Grundsätze

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Israel bei seinem Kampf gegen die Hamas zur Einhaltung des Kriegsrechts und humanitärer Grundsätze aufgerufen.

«Der Kampf muss gnadenlos sein, aber nicht ohne Regeln, denn wir sind Demokratien, die gegen Terroristen kämpfen, Demokratien also, die das Kriegsrecht respektieren und den humanitären Zugang gewährleisten», sagte Macron am Dienstag in Tel Aviv bei einem Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

Demokratien nähmen keine Zivilisten ins Visier, weder in Gaza noch anderswo. Konkret forderte Macron die Versorgung von Krankenhäusern im Gazastreifen mit Strom. Eine politische Lösung im Nahostkonflikt müsse gefunden und der Friedensprozess fortgesetzt werden.

Katar fordert Ende eines «Kriegs, der alle Grenzen überschritten hat»

«Wir fordern ein Ende des Kriegs, der alle Grenzen überschritten hat», sagte Emir Tamim bin Hamad Al Thani in einer Rede laut der staatlichen Nachrichtenagentur QNA. Das Blutvergiessen müsse gestoppt und Zivilisten müssten die Folgen militärischer Konfrontationen erspart werden.

Es sei unhaltbar, dass Israel ein «bedingungsloses grünes Licht und eine freie Lizenz zum Töten» erhalten habe, sagte der Emir. Die Tatsachen der israelischen «Besatzung, Belagerung und Siedlung» könnten nicht ignoriert werden. «In unserer Zeit sollte auch nicht erlaubt sein, den Zugang zu Wasser abzuschneiden und Arzneimittel und Essen zurückzuhalten als eine Waffe gegen eine gesamte Bevölkerung.»

Israels Botschafter in Berlin kritisiert zweideutige Haltung

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat Bedenken in Deutschland gegenüber Israels Einsatz im Gazastreifen kritisiert. «Immer dieses »Ja, aber«. Israel wurde angegriffen, es gab ein Massaker», sagte er in der Sendung «Frühstart» von RTL/ntv. «Wenn wir jetzt zurückschlagen – und wir werden zurückschlagen – möchte ich kein »aber«.»

Solidarität mit Israel und Juden in Deutschland zu bekunden, die Gegenangriffe in Gaza aber als zu weitgehend anzusehen, sei keine legitime Position. Terroristen im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1400 Menschen kamen dabei und in den folgenden Tagen ums Leben.

Terroristen im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1400 Menschen kamen dabei und in den folgenden Tagen ums Leben. Die Zahl der getöteten Palästinenser im Gazastreifen ist seit Beginn des Krieges laut dem Hamas-geführten Gesundheitsministerium auf 5791 gestiegen.

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