Millionen weniger Mädchen in Indien wegen Abtreibungen
Weibliche Föten werden in Indien oft abgetrieben, wie eine Studie zeigt. Die finanzielle Last einer Tochter ist vielen Familien zu gross.
Das Wichtigste in Kürze
- In Indien werden Mädchen gezielt abgetrieben.
- Töchter fallen den Familien oft finanziell zur Last und bleiben nicht lange genug Zuhause.
- Aktuell werden jährlich fast 500'000 Mädchen zu wenig geboren.
In Indien könnten wegen gezielten Abtreibungen von Mädchen zwischen 2017 und 2030 knapp sieben Millionen weniger weibliche Babys geboren werden. Das haben Modellrechnungen einer internationalen Forschergruppe in der Fachzeitschrift «Plos One» ergeben.
In Indien ist es eigentlich verboten, werdenden Eltern das Geschlecht ihres Kindes mitzuteilen. Dennoch werde weibliche Föten im Land seit langem gezielt abgetrieben, obschon es landesweite Kampagnen zur Rettung von Mädchen gegeben hat.
Töchter fallen Familien zur Last
Oft gelten Töchter in indischen Familien als wirtschaftliche Last. Häufig sollen sie viel Mitgift in die Ehe mitbringen – obwohl auch das seit Jahrzehnten eigentlich verboten ist.
Zudem verlassen Töchter mit der Ehe in der Regel das Haus der Familie und ziehen zu den Schwiegereltern. Söhne bleiben hingegen bei den Eltern und können sie dort bis ins Alter versorgen. Auch wenn Mädchen geboren werden, sterben viele, weil sie weniger Essen bekommen und seltener zum Arzt gehen dürfen als Jungen.
Zu wenig Mädchen
Die Forscher werteten Daten der grössten indischen Bundesstaaten und bundesunmittelbaren Gebiete aus, die mehr als 98 Prozent der Bevölkerung umfassten. Laut ihren Berechnungen sollen zwischen 2017 und 2025 pro Jahr rund 469'000 Mädchen zu wenig geboren werden. Zwischen 2026 und 2030 werden es gar rund 519'000 Mädchen pro Jahr.
Die Forscher schreiben, dass das Geschlechterverhältnis in Indien einen grossen Einfluss auf das weltweite Geschlechterverhältnis haben wird. Denn in den kommenden Jahren soll Indien nach Uno-Voraussagen das bevölkerungsreichste Land der Welt werden. Zurzeit ist der 1,3-Milliarden-Einwohner-Staat Nummer zwei nach China.