Morde und Geiseln: Darum setzt die Hamas auf Gräuel-Strategie
Die radikalislamische Hamas geht in Israel grausam vor. Kinder und Frauen werden entführt, Zivilpersonen getötet. Das steckt hinter der skrupellosen Taktik.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Hamas geht in Israel skrupellos vor, wie Bilder und Videos zeigen.
- Über 700 Menschen wurden getötet, Frauen und Kinder wurden verschleppt.
- Ein Experte erklärt die Strategie hinter dem Vorgehen.
«Bitte tötet mich nicht», schreit eine junge Frau, während sie von militanten Palästinensern auf einem Motorrad verschleppt wird. Sie weint und streckt die Arme nach ihrem Partner aus – vergeblich. Die Angst steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Solche verstörenden Szenen von Entführungen machen im Netz derzeit die Runde. Seit Beginn der Attacken der Hamas auf Israel werden zahlreiche Menschen vermisst.
Doch auch die Zahl der Todesopfer steigt immer weiter. Allein nach dem Massaker beim Nova Festival in der Negev-Wüste wurden 260 Leichen gefunden. Doch warum greift die radikalislamische Hamas unschuldige Zivilisten an?
Parallelen zu islamistischer Terrormiliz IS
Nahost-Experte Andreas Böhm sagt zu Nau.ch: «Die Hamas will zeigen, dass sie die einzigen sind, die Israel die Stirn bieten können.» Die Organisation stehe im Machtkampf mit der Palästinenserbehörde – sie betrachtet diese als Dienerin Israels.
«Es geht auch darum, die arabische Welt in einen Konflikt mit Israel zu ziehen.» Heisst: Die Hamas will Normalisierungsverhandlungen mit Saudi-Arabien sabotieren.
Böhm sagt: «Das ist natürlich ein zynisches Spiel, denn darunter leiden wird zunächst die Bevölkerung im Gazastreifen. Die Entführten sollen als menschliche Schutzschilde dienen, wenn es zu einem Einmarsch kommt.»
Hamas signalisiert: Niemand ist sicher
Dem stimmt Experte Hans-Lukas Kieser bei: «Die Hamas will die Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien unterminieren und sich als unumgängliche Kraft positionieren.»
Da hilft es ihr, israelische Zivilpersonen zu entführen. «Nur schon die zahlreichen Geiseln machen die Hamas in Zukunft notgedrungen zum direkten oder indirekten ‹Verhandlungspartner› für die Israelis.»
Der deutsche «Spiegel» sieht auch Parallelen zu den Methoden der Terrormiliz IS. Denn es werden vor allem Frauen und Kinder verschleppt. Damit signalisiert die radikalislamische Organisation der Welt: Niemand ist sicher.
Unterstützung trotz Terror
Morde, Vergewaltigungen und Entführungen – verliert die Hamas mit diesen Gräueltaten nicht an Unterstützung? Böhm sagt: «In der Tat erfährt Israel eine grosse Welle der Solidarität, und dieser barbarische Akt ist durch nichts zu rechtfertigen.»
Aber: Er zeige auch, dass die Situation für die Palästinenserinnen und Palästinenser in den besetzten Gebieten untragbar geworden sei. Der Gazastreifen werde als das grösste Freiluftgefängnis der Welt bezeichnet. «Deswegen erfährt die Hamas auch Unterstützung, trotz dieses Terrorakts.»
Für Böhm ist klar: «Die Eskalation liegt im Interesse der Hamas. Denn ein Einmarsch mit vielen Hunderten oder gar Tausenden toten Zivilisten wird das Ansehen Israels enorm beschädigen.»
*Hans-Lukas Kieser, Historiker, Universitäten Zürich und Newcastle (Australien), Autor von «Nahostfriede ohne Demokratie» (Chronos 2023)