Pro-palästinensische Proteste an Unis weiten sich aus
Die Proteste von Studierenden gegen die israelische Offensive im Gazastreifen nehmen weltweit zu.
Die Studentenproteste gegen die israelische Offensive im Gazastreifen weiten sich von den USA zunehmend auf Universitäten aus. In der französischen Hauptstadt Paris schritt am Freitag die Polizei gegen einen pro-palästinensischen Sitzstreik an der Elite-Hochschule Sciences Po ein.
Proteste gab es auch auf dem Campus der grössten Universität in Mexiko sowie in Australien. US-Präsident Joe Biden rief angesichts der eskalierenden Demonstrationen in seinem Land zu Ordnung auf.
In Paris versuchten Polizisten laut Berichten von Journalisten der Nachrichtenagentur AFP, dutzende Demonstrantinnen und Demonstranten aus der Eingangshalle der Sciences Po zu entfernen. Nach Angaben eines Studenten hielten sich etwa 50 Protestierende in dem Gebäude auf. Die Räumung verlief Fernsehaufnahmen zufolge friedlich. Die Universität hatte wegen der Proteste am Freitag auf einen Online-Betrieb umgestellt, die meisten Gebäude blieben geschlossen.
Ausbreitung globaler Unruhen
Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober war es an der Pariser Elite-Universität immer wieder zu pro-palästinensischen Kundgebungen und Spannungen gekommen. Die Polizei schritt mehrfach ein.
Am Donnerstag wurde ein Protestlager mit rund 300 Studierenden aufgelöst. Auch an der Humboldt-Universität Berlin haben sich Dutzende Menschen zu propalästinensischen Protesten versammelt. Etwa 90 Menschen, viele mit Palästinensertüchern, demonstrierten am Freitagmittag im Innenhof des Campus Mitte bei einem nicht angemeldeten Sit-in, teilte die Polizei mit.
Weitere Unterstützer befanden sich vor dem Gebäude, insgesamt seien es etwa 150 Menschen. Viele der überwiegend jungen Leute trugen Palästinensertücher. In Australien standen sich an der Universität von Sydney am Freitag Hunderte von pro-palästinensischen und pro-israelischen Demonstranten gegenüber. Trotz einiger angespannter Wortgefechte blieben beide Versammlungen jedoch friedlich, die Polizei musste nicht eingreifen.
Proteste erreichen Mexiko
Auch in Mexiko campierten dutzende pro-palästinensische Studierende vor der Nationalen Autonomen Universität, der grössten Hochschule des Landes, in Mexiko-Stadt. Die Studierenden fordern von der mexikanischen Regierung, alle diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel abzubrechen. «Wir sind hier, um Palästina, die Menschen dort und die Protestcamps in den USA zu unterstützen», sagte der 19-jährige Philosophie-Student Valentino Pino.
Die Proteste in den USA hatten an der renommierten Columbia University in New York begonnen und sich auf weitere Universitäten im Land ausgeweitet. Seit dem vergangenen Monat waren an mindestens 30 Hochschulen im Land Proteste ausgebrochen.
Die Demonstranten prangern zum einen die hohe Zahl von Toten im Gazastreifen an. Zum anderen fordern sie die Universitäten auf, Verbindungen zu Unternehmen zu beenden, die Verbindungen nach Israel haben. Immer wieder kam es auch zu antisemitischen Zwischenfällen.
In den vergangenen Tagen musste die Polizei an verschiedenen US-Universitäten eingreifen. Protestcamps wurden geräumt, Medienberichten kam es zu rund 2000 Festnahmen. An der Universität of California in Los Angeles (UCLA) wurden zahlreiche Protestierende nach gewaltsamen Zusammenstössen mit Gegendemonstranten am Donnerstag in Handschellen abgeführt.
Biden steht unter Druck
Mit Blick auf eine zunehmende Eskalation der Proteste rief US-Präsident Biden in einer Fernsehansprache im Weissen Haus zu Ordnung auf. «Wir sind keine autoritäre Nation, die Menschen zum Schweigen bringt oder Meinungsunterschiede unterdrückt», betonte er. Die USA seien aber «kein gesetzloses Land, sondern eine Zivilgesellschaft, und es muss Ordnung herrschen».
Weiter sagte Biden, es müsse ein Gleichgewicht zwischen dem Recht auf friedlichen Protest und der Notwendigkeit geben, Gewalt zu verhindern. Zudem dürften die Proteste nicht die Lehre an den Universitäten und die Abschlussfeiern von tausenden Studenten stören.
Biden, der bei der Präsidentschaftswahl im November eine zweite Amtszeit anstrebt, steht wegen der Proteste zunehmend unter Druck. Während die Republikaner ihm vorwerfen, er sei gegenüber dem aus ihrer Sicht antisemitischen Tenor der Proteste zu nachgiebig, wird er von Teilen seiner eigenen demokratischen Partei dafür kritisiert, dass er Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen nachdrücklich unterstützt.
Auf die Frage, ob die Proteste einen Kurswechsel in seiner Israel-Politik bewirken würden, antwortete Biden mit «nein». Israels Präsident Isaac Herzog prangerte angesichts der Proteste an den Hochschulen ein «erschreckendes Wiederaufleben des Antisemitismus» in der Welt und vor allem in den USA an. Angesehene Universitäten seien dort «von Hass und Antisemitismus verseucht», erklärte er am Donnerstag.