Mutmassliche Angriffe auf Öltanker: USA beschuldigen den Iran
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem mutmasslichen Angriff auf zwei Öltanker im Golf von Oman nehmen die Spannungen zwischen den USA und dem Iran bedrohlich zu.
US-Aussenminister Mike Pompeo beschuldigte am Donnerstag den Iran, hinter den Attacken zu stecken.
«Es ist die Einschätzung der US-Regierung, dass die Islamische Republik Iran verantwortlich für die Angriffe ist, zu denen es heute im Golf von Oman kam», sagte Pompeo in Washington. Es handele sich um eine «nicht hinnehmbare Eskalation der Spannung durch den Iran». Pompeo sagte, die US-Einschätzung basiere unter anderem auf Geheimdienstinformationen, auf den eingesetzten Waffen und auf ähnlichen Angriffen in jüngster Vergangenheit.
Beide Tanker wurden beschädigt, die Besatzungen wurden in Sicherheit gebracht.
Die betroffene Meerenge, die Strasse von Hormus, ist eine der wichtigsten Seestrassen überhaupt, sie verbindet die ölreiche Golfregion mit dem offenen Meer. Über sie läuft ein grosser Teil des weltweiten Öltransports per Schiff. Die Rohölpreise stiegen deutlich.
Pompeo sagte, dem Iran gehe es darum, die Aufhebung der US-Sanktionen zu erzwingen. Seine Regierung setzte aber weiter auf wirtschaftliche und diplomatische Bemühungen, «um den Iran zur richtigen Zeit zurück an den Verhandlungstisch zu bringen». Die Vereinigten Staaten würden aber zugleich ihre Truppen und ihre Interessen schützen und ihren Verbündeten zur Seite stehen.
Auf Antrag der USA wollte sich am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit den Vorfällen befassen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einer Eskalation. «Ich nehme den Vorfall in der Strasse von Hormus mit tiefer Besorgnis zur Kenntnis. Ich verurteile jeden Angriff auf zivile Schiffe scharf», sagte Guterres. «Und wenn es etwas gibt, was die Welt sich nicht leisten kann, ist es eine grosse Konfrontation in der Golf-Region.» Es müsse festgestellt werden, wer für die Vorfälle verantwortlich sei.
Die norwegische Seefahrtsbehörde bestätigte einen Angriff auf den Öltanker «Front Altair», das norwegische Unternehmen Frontline meldete eine Explosion und einen Brand an Bord. Die deutsche Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) teilte mit, auch der mit Methanol beladene Tanker «Kokuka Courageous» sei beschädigt und ein Besatzungsmitglied leicht verletzt worden.
Erst vor vier Wochen hatten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Sabotageakte gegen vier Handelsschiffe in derselben Region gemeldet. Nach saudi-arabischen Angaben wurden damals zwei Tanker des Landes schwer beschädigt. Die genauen Umstände blieben jedoch unklar. US-Sicherheitsberater John Bolton sprach später von Angriffen mit Seeminen, für die «fast sicher» der Iran verantwortlich sei. Beweise für seine Anschuldigung legte er nicht vor. Die Regierung in Teheran wies den Vorwurf zurück und sprach von «lächerlichen Behauptungen».
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran nehmen seit Monaten zu. Das US-Militär verlegte zuletzt unter anderem einen Flugzeugträgerverband und eine Fernbomberstaffel in die Region, was Sorgen vor einem militärischen Konflikt aufkommen liess. Während des Vorfalls vom Donnerstag hielt sich der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in Teheran auf, um in dem eskalierenden Konflikt zwischen den USA und dem Iran zu vermitteln.
Sowohl US-Präsident Donald Trump als auch der oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, erteilten Verhandlungen aber eine Absage. Trump schrieb auf Twitter, er wisse Abes Bemühungen zu schätzen. Er denke aber, «dass es zu früh ist, auch nur darüber nachzudenken, einen Deal zu machen». Mit Blick auf die Iraner fügte Trump hinzu: «Sie sind nicht bereit, und wir sind es auch nicht.»
Chamenei schloss Verhandlungen mit den USA im Atomstreit kategorisch aus. «Der Iran vertraut den USA nicht», sagte er bei einem Treffen mit Abe in Teheran. «Wir haben mit den Amerikanern bereits die bittere Erfahrung beim Atomabkommen gemacht und wollen diese Erfahrung nicht wiederholen.» Trump hatte das Atomabkommen mit dem Iran im vergangenen Jahr einseitig aufgekündigt. Danach traten wieder harte US-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft.
Nach dem mutmasslichen Angriff auf die Schiffe im Golf von Oman erklärte ein Sprecher der iranischen Flotte, Expertenteams seien mit Hubschraubern über dem Seegebiet im Einsatz, um die Zwischenfälle zu untersuchen.
Bereits seit Wochen wachsen in der Region die Spannungen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und seinen Verbündeten einerseits sowie dem schiitischen Iran andererseits. Das Königshaus in Riad wirft der Führung in Teheran vor, sich in die inneren Angelegenheiten arabischer Staaten einzumischen und die Region zu destabilisieren.
Saudi-Arabien verurteilte nun auch die mutmasslichen Angriffe auf die Tanker als «Terroroperationen», wie es Energieminister Chalid al-Falih laut der staatlichen Nachrichtenagentur SPA formulierte. Das Land werde Massnahmen ergreifen, um seine Häfen zu schützen.
Das iranische Aussenministerium äusserte sich besorgt und sprach von «dubiosen» Zwischenfällen. Besonders der Zeitpunkt sei sehr verdächtig, sagte Aussenamtssprecher Abbas Mussawi mit Blick auf den Besuch Abes in Teheran.
Bundesaussenminister Heiko Maas nannte die mutmasslichen Attacken ausserordentlich beunruhigend. Angriffe auf Handelsschiffe stellten nicht nur eine Bedrohung für offene Handelswege dar. «In der aktuellen Situation sind sie auch eine Bedrohung für den Frieden.»
Die EU warnte vor übereilten Reaktionen. «Die Region braucht keine weiteren Elemente der Destabilisierung und keine weiteren Spannungen», sagte die Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.
Das norwegische Seefahrtsamt erhöhte seine Sicherheitsstufe für das betroffene Gebiet. Der Zwischenfall ereignete sich diesen Angaben zufolge in etwa 70 Seemeilen Entfernung vom arabischen Emirat Fudschairah und etwa 14 Seemeilen vor der iranischen Küste. Weiterer Anrainer der dortigen Meerenge ist das arabische Sultanat Oman.
Die USA hatten zusammen mit ihren Verbündeten Saudi-Arabien und den VAE in den vergangenen Wochen den Druck auf den Iran massiv erhöht. Die Königshaus in Riad beschuldigt den Iran unter anderem, im Jemenkrieg die Huthi-Rebellen zu unterstützen. Diese hatten in den vergangenen Wochen Saudi-Arabien wiederholt mit Drohnen angegriffen.