Vom Aussterben bedroht: Pinguine brauchen Ruhe

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Südafrika,

Der Afrikanische Pinguin wird seit Oktober als vom Aussterben bedroht eingestuft.

Afrikanische Pinguine
Afrikanische Pinguine. - AP Photo/Schalk van Zuydam/Keystone

Mashudu Mashau braucht nur zwei Minuten, um einen Pinguin einzufangen. Woche für Woche untersucht er verletzte oder kranke Exemplare der schwarz-weiss gefiederten Meeresvögel, die in Südafrika Jahr für Jahr Tausende Touristen anlocken. Seit Oktober gilt der Afrikanische Pinguin als vom Aussterben bedroht.

«Wir gehen ganz langsam vor, bücken uns, manchmal kriechen wir, damit wir nicht bedrohlich aussehen. Und wenn wir nah dran sind, fassen wir den Kopf, halten und sichern den Pinguin», erklärt der 41-jährige Ranger. Schwieriger wird es, wenn die auf der Kaphalbinsel lebenden Pinguine sich vom Strand entfernen, zu nahe gelegenen Strassen watscheln und sich unter Autos verstecken.

Afrikanischer Pinguin vom Aussterben bedroht

«Heute hatten wir so einen Fall. Sie sind nicht leicht zu fangen, aber wir haben es geschafft», sagt Mashau, der sich seit acht Jahren für den Schutz dieser Tiere einsetzt. Die eingefangenen Pinguine werden vorsichtig in einen Karton gesetzt und zur Behandlung in eine Spezialklinik gebracht.

Tierschützer und Veterinäre befürchten jedoch, dass ihre Bemühungen nicht ausreichen, um den Rückgang der Pinguin-Population zu stoppen. Im vergangenen Monat wurde der Afrikanische Pinguin auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) auf «vom Aussterben bedroht» hochgestuft.

«Egal wie viel wir tun, wenn es keine gesunde Umgebung für sie gibt, ist unsere Arbeit vergeblich», sagt der Veterinär David Roberts, der in einer Klinik der Südafrikanischen Stiftung für den Schutz von Küstenvögeln (SANCCOB) arbeitet.

Zahl der Brutfamilien sinkt dramatisch

Weltweit gibt es weniger als 10'000 brütende Paare, die vor allem in Südafrika leben. 1991 waren es noch 42'500. Im Jahr 2035 könnte es laut der Nichtregierungsorganisation BirdLife keine wild lebenden Afrikanischen Pinguine mehr geben.

Der Rückgang ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Darunter Futtermangel, Klimawandel, Ruhestörungen, Raubtiere, Krankheiten und Ölverschmutzung. Doch die grösste Gefahr für den Pinguin-Bestand sei die mangelnde Nahrung, sagt Allison Kock, Meeresbiologin der Südafrikanischen Nationalparks.

«So viele Pinguine verhungern und bekommen nicht genug Futter, um erfolgreich zu brüten», sagt sie der Nachrichtenagentur AFP. Wenn Pinguine, die sich bevorzugt von Sardinen und Anchovis ernähren, nicht genug Futter bekommen, neigen sie dazu, mit dem Brüten aufzuhören.

Südafrika verhängt Fischereiverbot für Pinguin-Kolonien

Rund um sechs Pinguin-Kolonien haben die südafrikanischen Behörden ein zehnjähriges Fischereiverbot verhängt, das im Januar in Kraft treten soll. Doch SANCCOB und BirdLife zufolge sind die Verbotszonen nicht gross genug, um wirklich einen Effekt zu erzielen. Sie haben deshalb das Umweltministerium verklagt.

«Idealerweise würden wir uns mehr Fisch im Ozean wünschen, aber das können wir nicht kontrollieren», sagt die Forscherin Katta Ludynia von SANCCOB. «Was wir fordern können ist, die direkte Konkurrenz um die verbleibenden Fische zwischen der industriellen Fischerei und den Pinguinen zu beschränken», erklärt sie AFP.

Aus Sicht der Südafrikanischen Fischereivereinigung sind die Auswirkungen der Fischereiindustrie auf die Nahrungsquellen der Pinguine nur ein kleiner Teil des Problems. «Es gibt eindeutig andere Faktoren, die erhebliche negative Folgen für die Population des Afrikanischen Pinguins haben», sagt deren Vorsitzender Mike Copeland.

Umweltministerium strebt aussergerichtliche Einigung im Pinguin-Schutzfall an

Das Umweltministerium hat eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen, «um die komplexen Angelegenheiten zu lösen», wie ein Sprecher mitteilt. Für März 2025 wurde eine Gerichtsanhörung anberaumt. Doch der erst seit Juli amtierende Minister strebt eine aussergerichtliche Einigung an.

Neben den Fangverbotszonen gibt es viele andere Initiativen zur Rettung des Afrikanischen Pinguins, darunter künstliche Nester und neue Kolonien. Die Einstufung zur vom Aussterben bedrohten Art kann dabei ein zweischneidiges Schwert sein. Während Naturschützer zum einen hoffen, so Aufmerksamkeit zu erregen und Spenden zu erhalten, werden die Pinguine dadurch noch interessanter für – potenziell störende – Touristinnen und Touristen.

Zunehmende Störungen durch Besucher

Pinguine seien sehr empfindlich und das Ausmass der Störungen werde zunehmend zum Problem, sagt Arne Purves, in Kapstadt zuständig für den Küstenschutz. Ihre zunehmende Bekanntheit sei für die Pinguine auch ein Problem. Wenn etwa Touristinnen und Touristen mit Selfie-Sticks hantierten.

Tourismus ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor für Südafrika. Jedes Jahr besuchen Tausende Menschen die Pinguin-Kolonien und spülen Millionen Dollar in die Kassen. Aus Sicht von Menschen wie Mashau hat die Aufmerksamkeit für die Gefährdung der Pinguine lange auf sich warten lassen.

«In den vergangenen fünf Jahren waren es die Nashörner. Nun hoffen wir, dass wir denselben Respekt und dieselbe Unterstützung bekommen», sagt er. Pinguine seien «ein Indikator für ein gesundes Ökosystem», zu dem auch der Mensch gehöre. «Und je gesünder die Pinguine sind, desto mehr profitieren auch die Menschen», ist Mashau überzeugt.

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