Vorwürfe der UN gegen Myanmars Armeechef wegen Völkermord

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Genève,

UN-Ermittler fordern internationale Strafverfahren gegen den Armeechef Myanmars und andere Militärs wegen Völkermords.

Kutupalong
Kutupalong Flüchtlingslager in Bangladesch für aus Myanmar vertriebene Rohingyas. - AP Photo

Das Wichtigste in Kürze

  • Die UN veröffentlicht einen Bericht, der Militärs von Myanmar Genozid vorwirft.
  • Dem Vorwurf geht die Vertreibung der muslimischen Rohingya-Minderheit voraus.

Ein Jahr nach Beginn der massenhaften Vertreibung der muslimischen Rohingya-Minderheit aus Myanmar fordern UN-Ermittler internationale Strafverfahren gegen den Armeechef und fünf ranghohe Militärs wegen Völkermords. In einem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht der UN-Untersuchungsmission für Myanmar heisst es, Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing und die anderen Generäle müssten sich nach entsprechenden Ermittlungen wegen Genozids im Norden des Bundesstaats Rakhine vor einem internationalen Gericht verantworten.

Ausserdem seien sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in den Bundesstaaten Rakhine, Kachin und Shan anzuklagen. Der Vorsitzende der Untersuchungsmission, Indonesiens ehemaliger Generalstaatsanwalt Marzuki Darusman, forderte den «sofortigen Rücktritt» des Armeechefs. Zusätzlich zu den sechs hohen Militärs erstellten die UN-Ermittler eine längere Liste mit den Namen von Zivilpersonen, die mutmasslich Verbrechen begingen.

Mögliches Waffenembargo

Die Ermittler empfehlen, dass der UN-Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in den Haag mit dem Dossier befasst. Ersatzweise könne auch ein Ad-hoc-Tribunal eingerichtet werden wie seinerzeit zu Jugoslawien. Die UN-Mission befürwortet zudem, gegen Myanmar ein Waffenembargo und gegen mutmassliche Hauptverantwortliche für Verbrechen Strafmassnahmen zu verhängen.

Zu Myanmars De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi heisst es in dem Bericht, sie habe weder ihre Stellung noch ihre moralische Autorität genutzt, um den Geschehnissen in Rakhine Einhalt zu gebieten. Zwar hätten sie und die Zivilbehörden wenig Einfluss auf das Vorgehen der Militärs. Aber durch ihre Unterlassungen hätten sie dazu beigetragen, dass Gräueltaten verübt wurden.

Facebook sperrt Konten und Seiten

Die UN-Ermittler, denen der Zugang zu dem südostasiatischen Land verwehrt wurde, stützten sich auf die Aussagen von 875 Opfern und Zeugen sowie auf Satellitenaufnahmen, schriftliche Dokumente, Fotografien und Videos. Zu den gegen die Rohingya verübten Gräueltaten gehören demnach Verschleppung, Folter, Mord und Massenvergewaltigung. Berichte besagen, dass Soldaten in mindestens zehn Dörfern in Rakhine 40 Frauen und Mädchen zur selben Zeit vergewaltigten.

Der Bericht veranlasste Facebook dazu, die Auftritt des Militärchefs und anderer armeenaher Seiten zu sperren. Der Konzern steht seit längerer Zeit in der Kritik, weil er Hassparolen gegen Rohingya im Internet duldet.

Die Minderheit der Rohingya wird in Myanmar, dem ehemaligen Birma, seit Jahrzehnten unterdrückt und diskriminiert. Die Lage eskalierte im vergangenen Jahr, nachdem Rohingya-Rebellen bei Angriffen mehrere Grenzwächter töteten.

Das Militär in dem mehrheitlich buddhistischen Land reagierte mit brutaler Gegengewalt und brannte zahlreiche Rohingya-Dörfer nieder. Flüchtlinge berichteten von Plünderungen, Vergewaltigungen und Ermordungen.

Oberbefehlshaber von Myanmars Armee
Oberbefehlshaber von Myanmars Armee, Min Aung Hlaing (Mitte), während der Zeremonie des 71. Tag der Märtyrer. - Keystone

Mehr als 700'000 Flüchtlinge

Allein zwischen August und Dezember 2017 flohen mehr als 700'000 Rohingya vor dem Militär ins Nachbarland Bangladesch. Der Bericht bezeichnet die Reaktion des Militärs auf die von ihm ins Feld geführten «terroristischen Bedrohungen» als «durchweg grob unverhältnismässig".

Die Schätzung der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), wonach bei dem Militäreinsatz im vergangenen Jahr 10'000 Menschen getötet wurden, nennt der Bericht eher zu niedrig. Der Missionsvorsitzende Darusman kritisierte die "fest verwurzelte» Praxis der Straflosigkeit in Myanmar. Die Rohingya seien «von der Geburt bis zum Tod einer harten, systematischen und institutionalisierten Unterdrückung ausgesetzt".

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