Darum spielt China im USA-Zoff die besseren Trümpfe aus
China will in Hongkong künftig eigene Sicherheitsorgane einsetzen. Die USA drohen Massnahmen an. Die Streitpunkte mehren sich. Verschiebt sich die Macht?
Das Wichtigste in Kürze
- Ein neues Gesetz soll China erlauben, eigene Sicherheitsorgane in Hongkong einzusetzen.
- Das sorgt für neue Konflikte mit den USA, die mit Massnahmen drohen.
- Die Corona-Krise könnte die Macht-Verhältnisse zwischen den beiden Staaten beeinflussen.
Diese Woche hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt. Dadurch könnte China künftig «wenn nötig» auch eigene nationale Sicherheitsorgane in Hongkong aufstellen und einsetzen.
Eine Reaktion der USA auf dieses Vorhaben liess nicht lange auf sich warten. Für die US-Regierung ist das ein massiver Eingriff in die Autonomie der chinesischen Sonderverwaltungszone. Die USA haben der Finanzmetropole Hongkong einen Sonderstatus entzogen. Weitere Massnahmen sollen folgen.
Doch Hongkong scheint nur ein weiterer Tropfen auf dem heissen Stein im Konflikt zwischen den USA und China zu sein. Die Streitpunkte mehren sich beinahe wöchentlich. Zu den Streitthemen gehören etwa der andauernde Handelskrieg, Chinas umstrittene Territorialansprüche im Südchinesischen Meer, Menschenrechtsfragen zu Uiguren oder Tibetern und viele mehr.
Chinas Aussenminister warnt vor «neuem Kalten Krieg»
Die Beziehungen zwischen den Ländern sind so schlecht wie noch nie. Chinas Aussenminister Wang Yi warnt vor einem «neuen Kalten Krieg». Die Frage stellt sich allmählich, ob die Corona-Krise die globalen Machtverhältnisse verändern wird.
Denn zuletzt trug besonders die Corona-Pandemie zur Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Weltmächten bei. Asien-Expertin Elizabeth Economy vom Thinktank «Council on Foreign Relation» sagt: «Sowohl Präsident Trump als auch Präsident Xi Jinping nutzen das jeweils andere Land, um die Aufmerksamkeit von den Herausforderungen ab- und umzulenken, denen sie an der Heimatfront gegenüberstehen.»
Tatsächlich stehen in der Corona-Krise beide Staaten schlecht da: Die USA werden durch gesellschaftliche Spaltung und politisches Missmanagement gelähmt. Während China durch Repression, Desinformation und diplomatische Übergriffe negativ auffällt.
Auch deswegen dürfte der Fall Hongkong Trump entgegenkommen: Er kann einmal mehr von den Problemen im eigenen Land ablenken und China als das Böse darstellen.
China nutzt internationale Corona-Krise aus
Dennoch profitiert ausgerechnet China als Ursprungsort der Pandemie von der aktuellen Krise. Xi scheint es geschickt auszunutzen, dass Trump mit der «America-first»-Strategie internationale Organisationen vernachlässigt und momentan mit der Gesundheitskrise und dem Wahlkampf beschäftigt ist.
So sandte China während der Corona-Pandemie Ärzteteams in mehrere Staaten und versorgte über 100 Länder und vier internationale Organisationen mit Hilfsgütern. Hinzu kommt, dass Xi der von Trump kritisierten WHO zwei Milliarden Dollar für die Corona-Bekämpfung versprach. Auch die von den USA hinterlassenen Lücken in internationalen Organisationen werden gefüllt: Aktuell werden vier von 15 UN-Organisationen von Chinesen geführt.
Zweite «Supermacht»?
Zudem arbeitet China in aller Ruhe an den geopolitischen Zielen weiter, um etwa im Südchinesischen Meer seine Gebietsansprüche zu zementieren. Gerade als es dort zu Corona-bedingten Ausfällen von US-Flugzeugträgern kommt. Klar ist: Je tiefer die Krise in den USA ist, umso mehr kann China seine Machtansprüche untermauern und an die Position des bisherigen Hüters der Weltordnung treten.
Es scheint also bereits jetzt klar zu sein, dass China gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen wird. Ob es reicht, sich als zweite «Supermacht» zu etablieren, wird sich zeigen. In einigen Belangen kann China den USA momentan jedoch (noch) nicht das Wasser reichen, so etwa im militärischen Bereich.