Immobilienkrise in China spitzt sich mit Evergrande-Liquidation zu
Der Immobilienriese Evergrande wird liquidiert. Peking steht vor einer Krise: Millionen in- und ausländische Käufer haben für noch ungebaute Wohnungen bezahlt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ende Januar wurde die Auflösung des Immobilienriesen Evergrande beschlossen.
- Millionen Chinesen haben bei der Firma Wohnraum erworben, der noch gebaut werden sollte.
- Die soziale Krise könnte zu einer Gefahr für die Regierung werden.
In China ist das Vorgehen üblich: Wohnungen werden gekauft, bevor sie gebaut werden. Der Wohnraum ist knapp, Millionen Einheimische stecken ihr gesamtes Erspartes in die Zukunftsplanung.
So ging es auch den beiden Influencern Liang Liang und Li Jun: Gemeinsam investierten sie ihre Rücklagen in eine noch ungebaute Wohnung. Doch der Bau kommt zum Erliegen – und Millionen Menschen wie sie erleben einen Albtraum.
Als das Influencer-Paar bei ihrem Immobilienentwickler Auskunft fordert, wird es von Firmen-Mitarbeitern tätlich angegriffen. Wie das «SRF» berichtete, publizierte das Paar danach keine weiteren Kommentare bezüglich der Situation – freiwillig oder unfreiwillig.
Pekings Ziel: Wohnungen sollen fertiggestellt werden
Ende Januar wurde die Auflösung des hochverschuldeten chinesischen Baukonzerns Evergrande gerichtlich angeordnet. Die in China eh schon präsente Immobilienkrise spitzt sich damit weiter zu.
Das Land verfolgt in der Krise zwei Vorhaben: Einerseits sollen die bezahlten Wohnungen für die Millionen Chinesen und Chinesinnen fertiggestellt werden. Andererseits soll auch vor ausländischen Investoren die Seriosität gewahrt werden. Denn auch internationale Käufer gehen mit dem Baustopp leer aus.
Dan Wang, die Chefökonomin der Hangseng-Bank, sagt dazu: «Das sind zwei verschiedene Ziele, aber letztlich geht es um die Vermeidung systematischer Risiken. Finanzieller Risiken und sozialer Risiken.»
Nach Pleite von Evergrande: Banken sollen Konzerne unterstützen
Die grössere Gefahr gehe in der Krise dabei von den sozialen Risiken aus. Denn eine unzufriedene Bevölkerung kann zum Risiko für die politische Landesführung werden. Die Zentralregierung in Peking fordert daher zu Schritten für die Aufrechterhaltung der Stabilität auf: Banken und Lokalregierungen sollen angeschlagene Immobilienkonzerne unterstützen, damit die bezahlten Wohnungen fertiggestellt werden.
Internationale Käufer könnten dabei zu den zuletzt berücksichtigten Betroffenen werden. So äusserte Gary Ng, Ökonom beim Vermögensverwalter Natixis: «Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass chinesische Investoren bevorzugt behandelt werden.»
Offen bleibt laut dem «SRF» die Frage, wie weit die Schuldenbegleichung von Evergrande für internationale Käufer gehen kann. So wisse man zurzeit noch nicht, ob ein Liquidator aus Hongkong Werte auf Festlandchina einziehen könne, um den Verlust auszugleichen.