Aiwanger hat mit der voreiligen Veröffentlichung von Prognosen ein Eigentor geschossen. Womöglich erwartet ihn nicht nur eine Geldbusse, sondern auch ein Spiessrutenlauf in der bayerischen Koalition.
Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, kommt zur Wahlparty in München. Foto: Tobias Hase/dpa
Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, kommt zur Wahlparty in München. Foto: Tobias Hase/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat seinen umstrittenen Twitter-Eintrag mit Vorab-Wahlprognosen zur Bundestagswahl als «Missgeschick» bezeichnet.
Ad

«Es war weder böse Absicht noch sonst etwas dahinter», sagte er. Es sei nicht die Absicht gewesen, ein Gesetz zu verletzen.

«Es wäre doch auch widersinnig. Wir verstossen doch nicht absichtlich gegen Gesetze», sagte der 50-Jährige, der sich am Wahlabend trotz viel Kritik und zahlreichen Nachfragen nicht zu dem Vorfall geäussert hatte.

Aiwanger hatte am Sonntag noch während der laufenden Stimmabgabe Zahlen aus einer Nachwahlbefragung der Forschungsgruppe Wahlen auf Twitter verbreitet - verbunden mit dem Aufruf, die «letzten Stimmen» den Freien Wählern zu geben. Der Tweet wurde nach kurzer Zeit wieder gelöscht. Der Koalitionspartner CSU reagierte mit harscher Kritik.

Wahlleiter prüft

Der Bundeswahlleiter prüft nach eigenen Angaben, ob ein Verstoss gegen Paragraf 32 Absatz 2 des Bundeswahlgesetzes vorliegt. Darin heisst es: «Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig.» Eine Geldbusse von bis zu 50.000 Euro ist möglich.

Über das Zustandekommen des Tweets und über die Frage, ob er selbst oder ein Mitarbeiter diesen ausgelöst hatten, schwieg Aiwanger am Montag weiterhin.

Harsche Kritik

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete das Verhalten seines Stellvertreters in einer CSU-Vorstandssitzung nach Angaben von Teilnehmern als eines stellvertretenden Ministerpräsidenten unwürdig.

Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) forderte eine Entschuldigung von Aiwanger. «Mit dem Löschen des Tweets ist es nicht getan», sagte Aigner. «Hubert Aiwanger hat grossen Schaden angerichtet und sollte sich öffentlich entschuldigen. Sein Schweigen dazu ist nicht hinnehmbar.»

Der Freie-Wähler-Chef sagte: «Es ist nicht unter meiner Würde, mich zu entschuldigen.» Man müsse aber erst den Gesamtzusammenhang prüfen.

Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume griff Aiwanger bereits am Sonntag scharf an und forderte Konsequenzen. «Hubert Aiwanger verbreitet vor 18 Uhr Prognoseergebnisse und verbindet sie mit einem Wahlaufruf», schrieb Blume auf Twitter und fügte hinzu: «Ein unglaublicher Fall von Wahlmanipulation und Wählerbeeinflussung. Das ist zutiefst undemokratisch und muss Konsequenzen haben!»

«Und das als stellvertretender Ministerpräsident. Geht gar nicht», schloss sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, an. Der Generalsekretär der Bayern-SPD, Arif Tasdelen, forderte ebenfalls im Kurznachrichtendienst Konsequenzen: «Jetzt ist das Mass endgültig voll. Aiwanger ist nicht mehr tragbar und muss von Ministerpräsident Söder entlassen werden.»

Auch der FDP-Landeschef Daniel Föst meldete sich mit deutlichen Worten: «Vorabzahlen rausposten ist peinlich und unprofessionell. Passt also ins Bild bei den Freien Wählern und vor allem zu Aiwanger.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

GesetzEuroCSUSPDFDPTwitter