Polizei lässt Verdächtigen nach Angriff auf Kamerateam frei

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Deutschland,

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage kommt es in Berlin bei Protesten von Gegnern der Corona-Eindämmung zu Übergriffen auf ein Kamerateam. Was genau ist passiert?

Polizeibeamte eine Demonstration vor dem Reichstagsgebäude in Berlin auf. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Polizeibeamte eine Demonstration vor dem Reichstagsgebäude in Berlin auf. Foto: Kay Nietfeld/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach einem Angriff auf ein ARD-Kamerateam bei Corona-Protesten in Berlin ist ein Tatverdächtiger wieder frei.

Der Mann sei nach Abschluss der polizeilichen Massnahmen entlassen worden, sagte ein Polizeisprecher.

Gegen den 46-Jährigen liege eine Strafanzeige wegen Körperverletzung vor. Der Mann soll beim Versuch, einen Tonassistenten zu treten, die Mikrofon-Angel getroffen haben. Diese schlug dann gegen den Kopf des Kameramannes. Zu der Attacke kam es bei einer nicht genehmigten Versammlung von bis zu 400 Menschen am Mittwoch vor dem Reichstagsgebäude.

Der Angreifer hatte laut Polizei noch versucht zu flüchten, sei dann aber festgenommen worden. Nach Angaben des ARD-Hauptstadtstudios hatte sich ein Teilnehmer der Versammlung spontan aus der Menge gelöst; die Polizei habe unmittelbar reagiert. Dem Kameramann und dem Tonassistenten - nach Angaben der Polizei 56 und 51 Jahre alt - gehe es gut. Bereits am 1. Mai war ein Kamerateam des ZDF in Berlin angegriffen worden.

Die Teilnehmer des Protests seien offenbar dem Aufruf eines Mannes in den sozialen Medien gefolgt, hiess es vonseiten der Polizei. In Berlin sind allerdings wegen der Pandemie derzeit nur angemeldete Demos mit bis zu 50 Teilnehmern erlaubt. Polizisten hätten das Gespräch gesucht und auf die Abstandsregeln hingewiesen, sagte eine Sprecherin. Letztlich lösten die Sicherheitskräfte die Ansammlung auf.

Augenzeugen berichteten, dass ganz verschiedene Gruppierungen vor Ort waren. Viele Menschen seien aggressiv gewesen. Teilnehmer riefen «Wir sind das Volk». Einige hatten Deutschlandfahnen dabei, andere das Grundgesetz. Auf dem Plakat einer Demonstrantin war zu lesen: «Lasst dem Leben wieder seinen Lauf.» Die Polizei machte keine näheren Angaben zu den Teilnehmern und dem Mann, der den Aufruf verbreitet hatte.

Es sei unter anderem zu Beleidigungen, Widerstandshandlungen und Körperverletzung gegen Polizisten gekommen, berichtete die Polizeisprecherin. Die Beamten setzten Platzverweise durch und nahmen die Personalien von 24 Menschen auf. Insgesamt waren demnach 260 Polizisten im Einsatz, gegen 19.00 Uhr war er beendet.

Die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel, twitterte: «Unserem Team geht es zum Glück gut, aber solche Angriffe gegen die #Presse sind widerlich! #ARD Team wurde angegriffen». ARD-Chefredakteur Rainald Becker schrieb am Abend auf Twitter: «Erst ein Kamerateam des ZDF, heute ein Team der ARD. Wer Journalisten angreift und an ihrer Arbeit hindert, greift die Demokratie an.»

«Medienvertreter sind kein Freiwild», betonte die Landesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Berlin-Brandenburg, Renate Gensch. «Sie stehen für die Presse- und Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik, also auch für die Grundrechte, für die diese Demonstranten vermeintlich protestieren.»

Am 1. Mai war in Berlin ein Team der ZDF-Satiresendung «heute-show» attackiert worden. Es drehte bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln am Rosa-Luxemburg-Platz. Danach wurde das Kamerateam von einer Gruppe vermummter Täter angegriffen. Sechs Menschen wurden dabei nach Angaben des ZDF verletzt und mussten ins Krankenhaus gebracht werden.

Die Polizei hatte kurz nach dem Angriff sechs verdächtige junge Männer und Frauen festgenommen. Am Tag darauf wurden sie wieder freigelassen, «weil die Beweislage für einen dringenden Tatverdacht nicht ausreichte» oder es keine Haftgründe gebe. Sie seien «nach polizeilichen Erkenntnissen teilweise der "linken Szene" zuzurechnen».

Vor der Volksbühne hatten mehrfach Gegner der Eindämmungsverordnung aus allen möglichen politischen Richtungen demonstriert; unter den Teilnehmern waren auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien.

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