Aufräumen wird zum Trend im Internet
Die Kisten türmen sich bis zur Decke, in die Garage passt kein Auto mehr: Eine Netflix-Serie widmet sich vollgestopften US-Haushalten, die aufgeräumt werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Japanerin Marie Kondo räumt auf Netflix Haushalte in Amerika auf.
- Nachahmer fluten das Netz mit ihren Erfahrungen.
In vielen Haushalten häufen die Leute in diesen Tagen Klamotten zu Bergen an. Sie holen alle Oberteile und Hosen aus Schränken, Schubladen und aus im Keller vergessenen Kisten. Warum? Erklärtes Ziel ist ein heilsamer Schockmoment: Die Erkenntnis, wie viele Teile man da angesammelt hat. Abhilfe schafft die japanische Autorin Marie Kondo auf Netflix.
In «Aufräumen mit Marie Kondo» hilft die zierliche Mittdreissigerin («Magic Cleaning») US-Amerikanern, wieder die Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen – zwischen Kleiderbergen und bis zur Decke reichenden Baseballkartensammlungen. Stets adrett und in pastelligen, zum Sofabezug passenden Farben gekleidet, referiert sie über das richtige Zusammenfalten von Tops, die Aufbewahrung von Fotos in Alben und das Verstauen von Weihnachtsdeko.
Die wohl wichtigste Kondo-Regel fürs Ausmisten: Behalten soll man nur Dinge, die Freude entfachen. Resultat sind in einer Folge der Serie 150 grosse Müllsäcke voller Kram. Aus einem Haushalt.
Neue Statussymbole
Den sozialen Medien hat sie neue Statussymbole beschert: Neben definierten Körpern, stylishen Klamotten und lockeren Milchschaumhäubchen auf dem Cappuccino zeigen viele Nutzer bei Facebook und Instagram nun Schubladen mit perfekt gefalteten T-Shirts.
Aufräumen soll gemäss Kondo nicht weniger als eine Lebensveränderung sein, die auch noch Spass machen soll. «Aufräumen als ein Fest erleben», unter diesem Titel ist bald in Berlin eine Veranstaltung zum Thema angekündigt. In der Serie zeigt sich Kondo darüber hinaus überzeugt, dass Paare durch Aufräumen näher zusammenfinden und eine Bereicherung ihres Alltags erleben.
«Das bisschen Haushalt»
«Das bisschen Haushalt» und alles was dazu gehöre, sei tatsächlich sehr häufig der - scheinbare - Stein des Anstosses in Beziehungen, erklärt die Berliner Paartherapeutin Daniela Bernhardt. Wenn der Haussegen schief hänge, liege das aber selten wirklich an der falsch eingeräumten Spülmaschine oder den rumliegenden Socken: Abnehmende Toleranz und Verweigerung könnten Folge tieferliegender Konflikte sein – «wie zum Beispiel mangelnde Wertschätzung oder fehlende Erotik», so die Expertin.
Wer sich damit schwer tut, muss nun nicht verzagen. Wie bei jedem Trend gibt es auch beim Minimalismus Gegenbewegungen. «Less-is-more ist tot – es lebe der Überfluss!», hiess es kürzlich in der «Süddeutschen Zeitung».