Maas hält Anti-IS-Einsatz für «absolut unabdingbar»
Vier Tage lang reist Aussenminister Maas durch die Region mit der wohl grössten Dichte an Krisen weltweit. Die Spannungen zwischen dem Iran und den USA stehen im Vordergrund. Im Irak und in Jordanien geht es aber auch um ein anderes Problem, das längst nicht überwunden ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz der Rückeroberung aller Gebiete der Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien und im Irak hält Aussenminister Heiko Maas die Beteiligung der Bundeswehr am Kampf gegen den IS immer noch für zwingend notwendig.
«Auf jeden Fall ist das Mandat (...) zurzeit noch absolut unabdingbar, um zu verhindern, dass der IS im Untergrund neue Strukturen aufbaut und damit in die Lage versetzt wird, weiter zu agieren», sagte Maas am Samstag bei einem Besuch in Bagdad. «Das wollen und das müssen wir verhindern.»
Vor seiner Reise nach Bagdad hatte Maas die deutschen Soldaten im jordanischen Al-Asrak besucht, die sich mit «Tornado»-Aufklärungsflugzeugen und einem Tankflugzeug am Kampf gegen den IS beteiligen. Daneben bildet die Bundeswehr im Irak Soldaten für den Kampf gegen den IS aus.
Das Mandat für den Einsatz läuft bis zum 31. Oktober. Der Bundestag entscheidet im Herbst, wie es dann weitergeht. Maas sagte, die Sicherheitslage müsse weiter beobachtet werden. Nach der Sommerpause müsse man dann ein Fazit ziehen. Die USA wünschen sich eine Verlängerung des Einsatzes. Das war auch beim Besuch von US-Aussenminister Mike Pompeo vor einer Woche in Berlin Thema.
Der IS hatte jahrelang weite Teile Syriens und des Irak unter seiner Kontrolle. Im März wurde die letzte IS-Bastion Baghus im Osten Syriens für befreit erklärt. Die Anti-IS-Koalition, der etwa 60 Länder angehören, geht aber davon aus, dass sich immer noch Tausende Kämpfer in der Region aufhalten und aus dem Untergrund ihren Terror fortsetzen könnten.
Der Aussenminister traf in Bagdad Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi und Präsident Barham Salih. Im Vordergrund standen dabei die wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA. Vor einem Jahr war US-Präsident Donald Trump einseitig aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen. Dadurch traten US-Wirtschaftssanktionen wieder in Kraft, die den Iran massiv unter Druck setzen. Die USA werfen der Führung in Teheran vor, Konflikte in der Region anzuheizen und Terrorismus zu unterstützen.
Der Irak gilt als möglicher Schauplatz einer Eskalation des Konflikts. In dem Land sind zahlreiche schiitische Milizen aktiv, die von Teheran unterstützt werden. Zugleich sind dort mehrere Tausend US-Soldaten stationiert, die Iraks Armee ausbilden und im Kampf gegen die IS-Terrormiliz unterstützen.
Maas sagte nach seinen Gesprächen in Bagdad, im Irak sei die Besorgnis sehr gross, in den Konflikt hineingezogen zu werden. Gleichzeitig lobte er das «sehr besonnene» Verhalten der irakischen Regierung und sicherte ihr weitere Unterstützung beim Wiederaufbau und bei der Stabilisierung ihres Landes zu. «Wir dürfen den Irak jetzt nicht hängen lassen.»
Der Besuch des Aussenministers war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. In der irakischen Hauptstadt kommt es immer wieder zu Anschlägen. Maas flog mit einer «Transall»-Militärmaschine von Al-Asrak in die irakische Hauptstadt.
Am Sonntag will er nach Zwischenstopps in Jordanien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten in den Iran weiterreisen. Dort will er versuchen, die iranische Führung von einem Ausstieg aus dem mühsam ausgehandelten Abkommen abzuhalten, das eine iranische Atombombe verhindern soll.
Der Iran hat den verbliebenen Vertragspartnern - neben Deutschland sind das Grossbritannien, Frankreich, China und Russland - eine Frist bis zum 7. Juli gesetzt, um für die in dem Abkommen versprochenen wirtschaftlichen Zugeständnisse zu sorgen.
«Wir Europäer sind überzeugt, dass es alle Mühe wert ist, für den Erhalt der Wiener Nuklearvereinbarung mit Iran zu arbeiten», sagte Maas in Bagdad. Man wolle zeigen, «dass das Abkommen auch ohne die USA funktioniert». Bisher gestaltet sich das aber schwierig. Wegen der US-Sanktionen ist der deutsch-iranische Handel wieder eingebrochen.
Auch der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe wird in den kommenden Tagen in Teheran erwartet. Abe will den Iran zu Verhandlungen mit den USA motivieren.
Allerdings ist der Iran nur zu Gesprächen mit Washington bereit, wenn Trump zum Atomabkommen zurückkehrt und die Sanktionen aufhebt. Erst am Freitag verhängte Washington aber neue Sanktionen, diesmal gegen den iranischen Petrochemie-Konzern PGPIC. Zur Begründung hiess es, PGPIC habe Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden. Das Teheraner Aussenministerium wertete dies als «Wirtschaftsterrorismus» und Beleg dafür, dass Trumps Gesprächsangebote «absurd, leer und betrügerisch» seien.