Bundesverfassungsgericht prüft Verbot geschäftsmässiger Sterbehilfe

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Deutschland,

Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob die in Deutschland bei der Sterbehilfe gezogenen Grenzen mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe - dpa/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Zweitägige Verhandlung über Klagen gegen umstrittenen Strafrechtsparagrafen .

Vor dem höchsten deutschen Gericht begann am Dienstag eine zweitägige Verhandlung über das Verbot der sogenannten geschäftsmässigen Sterbehilfe. Schwer kranke Menschen, Ärzte und Sterbehilfevereine klagen gegen den vor mehr als drei Jahren eingeführten Strafrechtsparagrafen 217, der die «geschäftsmässige Förderung der Selbsttötung» unter Strafe stellt. (Az. 2 BvR 2347/15 u.a.)

Die Neuregelung war Ende 2015 nach langen und kontroversen Debatten im Bundestag beschlossen worden. Die Beihilfe zur Selbsttötung blieb durch die Neuregelung zwar grundsätzlich weiter erlaubt. Sie kann aber nun geahndet werden, wenn sie «geschäftsmässig» betrieben wird - selbst wenn kein kommerzielles Interesse dahinter steht. Es droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Die Verfassungsrichter überprüfen nun diese Regelung. Es gehe in dem Verfahren nicht «um die moralische oder politische Beurteilung der Selbsttötung», sondern «ausschliesslich um die Verfassungsmässigkeit einer konkreten Strafrechtsnorm mit einem beschränkten Anwendungsbereich», stellte Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle klar.

Die schwer kranken Kläger berufen sich vor allem auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und leiten daraus ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben ab. Die Ärzte stützen ihre Verfassungsbeschwerden auf eine Verletzung der Gewissens- und Berufsfreiheit. Die Sterbehilfevereine wenden sich dagegen, dass sie für ihre Mitglieder durch die Neuregelung nicht mehr tätig werden können.

Die Kläger sehen die Einschränkung durch den Paragrafen 217 als zu weitgehend an. Diese Regelung mache es den schwer kranken Menschen «weitgehend unmöglich, ihre Entscheidung in würdiger Art und Weise umzusetzen», sagte der Verfahrensvertreter von zwei Klägern, Christoph Knauer. Der Bevollmächtigte eines klagenden Arztes, der Medizinrechtler Wolfgang Putz, sagte: «Das Recht auf Leben begründet keine Pflicht zum Leben.»

Der 2015 beschlossene Gesetzentwurf für den umstrittenen Paragrafen beruhte auf einer parteiübergreifenden Initiative. Die massgeblich daran beteiligten Abgeordneten Kerstin Griese (SPD) und Michael Brand (CDU) verteidigten die Regelung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgericht.

«Es geht um Hilfe beim Sterben, nicht um Hilfe zum Sterben», sagte Griese. Der CDU-Politiker Brand zeigte sich überzeugt, dass das Gesetz «zielgenau und präventiv» wirke. Sie verwiesen auf die Verknüpfung der Neuregelung mit dem Aufbau von Hospizeinrichtungen und der Verbesserung der Palliativmedizin.

Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, verteidigte die Regelung. Es sei richtig gewesen, dass der Gesetzgeber der geschäftsmässigen Sterbehilfe einen Riegel vorgeschoben habe. «Sie ermöglicht kein Sterben in Würde, sondern verstellt den Weg für eine adäquate Behandlung und Begleitung schwer und unheilbar Erkrankter», erklärte Montgomery.

Das Bundesverfassungsgericht will seine Verhandlung am Mittwoch fortsetzen. Das Gericht verhandelt äusserst selten zwei Tage lang öffentlich und macht damit auch die Komplexität und Tragweite eines Verfahrens deutlich.

Am ersten Verhandlungstag ging es nach den einführenden Stellungnahmen beider Seiten vor allem allgemein um Suizide, am zweiten Tag sollen die rechtlichen Fragen im Vordergrund stehen. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.

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