Coronavirus: AstraZeneca-Stopp könnte Deutsche einen Monat kosten
Um das AstraZeneca-Vakzin entbrennt eine grosse Debatte. Zurecht, findet Virologe Christian Drosten. Doch das Land brauche den Impfstoff gegen das Coronavirus.
Das Wichtigste in Kürze
- Die AstraZeneca-Vakzine sind fester Bestandteil der deutschen Impfkampagne.
- Wird der Impfstoff generell ausgesetzt, kann es das Land einen Monat kosten.
- Virologe Christian Drosten sagt: «Wir brauchen diese Impfung.»
Das Image des AstraZeneca-Vakzins leidet seit Monaten. Deutschland bekundete Anfang Jahr Probleme mit dem Impfstoff. Hunderte Menschen liessen ihre Impf-Termine ins Wasser fallen. Die meisten hatten zuvor erfahren, dass sie mit AstraZeneca gegen das Coronavirus geimpft werden.
Die zwischenzeitliche Aussetzung dürfte den Abneigungs-Trend gegenüber dem Impfstoff verschärfen. Ein weiteres Problem ist die Rolle der Impfung: Das Vakzin des schwedischen Unternehmens ist ein essenzieller Pfeiler in der Impfstrategie unseres Nachbarlandes. Und die Auswirkungen könnten stark ins Gewicht fallen.
EU auf AZ-Impfstoff gegen Coronavirus angewiesen
Die EU hat insgesamt 1,965 Milliarden Impfdosen bestellt. Davon werden 400 Millionen von AstraZeneca geliefert – mehr als von Biontech (300 Millionen) und Moderna (160 Millionen).
Nur Curevac (405 Millionen) und Johnson & Johnson (400 Millionen) können bei den Bestellungen mithalten. Jener von Curevac wurde aber bisher nicht zugelassen.
Allein Deutschland hat bereits 1,6 Millionen der AstraZeneca-Dosen verimpft, zwei weitere Millionen wurden geliefert. Da der Impfstoff einfacher zu lagern ist als diejenigen von Moderna und Biontech, können ihn in Deutschland auch Hausärzte verimpfen. So würde sich die Impfkampagne Deutschlands im Kampf gegen das Coronavirus stark beschleunigen.
Virologe Drosten: «Wir brauchen die Impfung von AstraZeneca»
Mit dem Vakzin hätte Deutschland im August alle Impfwilligen durchgeimpft. Bleibt der AstraZeneca-Impfstoff weiterhin auf Eis gelegt, würde sich der Impf-Fahrplan um einen Monat verlängern.
Damit rechnet das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI), wie der Präsident Dominik von Stillfried dem «Handelsblatt» erklärt. Die Angehörigen der fünften und letzten Risikogruppen würden erst im Juli die zweite Injektion erhalten.
Bund dürfte nicht mit AstraZeneca-Impfungen rechnen
In der Schweiz liegt das Zulassungsgesuch von AstraZeneca weiterhin bei Swissmedic. Die Arzneimittelbehörde prüft das Gesuch seit mehreren Monaten und forderte im Februar weitere Daten.
Das Vakzin wurde offenbar nicht in den Impf-Fahrplan des Bundes mit einberechnet. Diesen Eindruck erweckt zumindest der Lieferplan der Armeeapotheke, mit dem die nächsten Monate geplant werden.
In Deutschland ist es aber fester Bestandteil der Kampagne. Aus Sicht des deutschen Virologen Christian Drosten wäre die generelle Aussetzung des Astrazeneca-Vakzins daher fatal. «Wir brauchen diese Impfung», fordert der Deutsche im Podcast «Coronavirus-Update».
Situation wird «brenzlig»
Er begrüsst die Untersuchung, um die Zusammenhänge der aufgetretenen Sinusthrombosen-Fälle zu untersuchen. Die Erkrankung taucht sehr häufig auf, auch bei Corona-Infektionen.
«Aber jetzt ist das innerhalb von nur ein paar Wochen aufgetreten, während AstraZeneca verimpft wurde.» Darum müsse man das ernst nehmen und anschauen, so Drosten.
Für ihn ist aber klar, dass sich die Lage wegen der Mutationen in der nächsten Zeit «drastisch erschweren» wird. Besonders aus Sicht der noch ungeimpften Jahrgänge ab 50 Jahren werde es «brenzlig».
Denn der Virologe erwartet rund um Ostern eine ähnliche Situation, wie sie rund um Weihnachten in Deutschland eingetreten war. Ende 2020 wurden in Deutschland nahezu täglich 30'000 neue Infektionen mit dem Coronavirus registriert. Heute sind es knapp 20'000 Fälle weniger pro Tag.