CSU legt Verfassungsbeschwerde gegen Wahlrechtsreform ein
Der Bundestag soll bald auf 630 Abgeordnete begrenzen werden. Das haben die Ampel-Parteien gestern im Bundestag durchgesetzt. Die CSU ist empört – und kündigt eine Verfassungsbeschwerde an.
Das Wichtigste in Kürze
- Einen Tag nach der Bundestagsentscheidung zur Wahlrechtsreform hat die CSU beschlossen, Verfassungsbeschwerde einzulegen.
Der Beschluss in einer Schalte des CSU-Vorstands am Samstag erfolgte einstimmig, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. Die Verfassungsbeschwerde solle – wie auch eine Klage der bayerischen Staatsregierung – noch vor der Sommerpause eingereicht werden, kündigte CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder an.
Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten die Wahlrechtsreform am Freitag mit ihrer Mehrheit im Bundestag durchgesetzt – gegen den erbitterten Widerstand insbesondere von CSU und Linkspartei.
Von 736 auf 630 Mandate
Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl 2025 dauerhaft auf 630 Mandate schrumpfen. Erreicht werden soll das, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet wird. Diese sorgten bislang für eine immer stärkere Aufblähung des Bundestags. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber zwar seinen Wahlkreis direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht. Das erzürnt vor allem die CSU.
Zudem soll eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Der Wegfall der Klausel könnte, je nach Wahlergebnis, auch Konsequenzen für die CSU haben, deren Direktkandidaten in Bayern traditionell die meisten Wahlkreise gewinnen. Sollte sie bundesweit unter fünf Prozent fallen, würde sie aus dem Bundestag fliegen.
Söder: Anschlag auf die Demokratie
«Das ist ein Anschlag auf die Demokratie und auf den Föderalismus», sagte Söder nach der CSU-Vorstandsschalte. «Auf die Demokratie, weil direkt gewählte Abgeordnete künftig nicht mehr im Deutschen Bundestag sitzen, das entscheiden dann irgendwelche anderen Gremien. Und auf den Föderalismus, weil möglicherweise ganze Regionen wie Bayern nicht mehr dabei sind.» Söder kritisierte, es gehe den Ampel-Parteien nicht um eine Verkleinerung des Bundestags, sondern um eine Schwächung der Opposition und Bayerns. Fast neun Millionen Stimmen könnten «wegrationalisiert» werden, argumentierte er – das sei ein tiefer Verstoss gegen das Bundesstaats- und Föderalismusprinzip. Und der CSU werde im Grunde genommen «das Existenzrecht abgesprochen».