Der Mensch kann auch im Tiefschlaf lernen

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Bern,

Vokabeln lernen im Schlaf - das ist wohl der Traum eines jeden Schülers und Studenten. Schweizer Forscher weisen nun nach, dass man tatsächlich im Tiefschlaf lernen kann. Das Pauken ersetzt es aber nicht.

Traumhafte Aussichten: Einer neuen Studie zufolge kann das Gehirn im Schlaf ohne Bewusstsein assoziativ Dinge lernen. Foto: Malte Christians/Symbolbild
Traumhafte Aussichten: Einer neuen Studie zufolge kann das Gehirn im Schlaf ohne Bewusstsein assoziativ Dinge lernen. Foto: Malte Christians/Symbolbild - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Mensch kann selbst im Tiefschlaf lernen.

Schweizer Forscher haben gezeigt, dass Menschen komplexe Informationen wie Worte und Bedeutungen im Schlaf unbewusst aufnehmen und im Wachzustand wieder abrufen können. Sie veröffentlichten ihr Ergebnis im Fachjournal «Current Biology».

Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, Peter Young, spricht von einer bahnbrechenden Studie. «Dies ist eine neue Dimension des Verständnisses von Schlaf», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Forscher hätten gezeigt, dass das Gehirn im Schlaf ohne Bewusstsein assoziativ Dinge lernen könne.

Psychologieprofessorin Katharina Henke und ihre Kollegen Marc Züst und Simon Ruch von der Universität Bern haben 41 Schlafende über Kopfhörer mehrfach mit Fantasiewörtern beschallt, denen sie jeweils unterschiedliche Bedeutungen zuordneten. Eine Versuchsperson hörte etwa «Guga - Vogel», eine andere «Guga - Elefant». Nach dem Aufwachen wurden sie befragt: ist Guga ein grosser oder kleiner Gegenstand, passt es in eine Schuhschachtel oder nicht?

Wenn das zweite Wort des Wortpaares in einer bestimmten Schlafphase bei den Menschen ankam, identifizierten die Versuchspersonen nach dem Aufwachen 60 Prozent der Fantasiewörter korrekt als etwas Grosses oder Kleines - so, wie sie es im Schlaf gehört hatten. Wichtig war es, die «Up-state» genannte Schlafphase zu treffen. Dabei handelt es sich um Phasen, in denen alle Gehirnzellen gemeinsam aktiv sind. Sie dauern nur eine halbe Sekunde und wechseln sich ab mit passiven Phasen («Down-State») ohne Aktivität. In welcher Phase sich das Gehirn gerade befindet, lässt sich mit einem EEG-Gerät bestimmen, das die elektrische Aktivität des Gehirns misst.

Gedächtnisbildung sei also sowohl im bewussten als auch unbewussten Zustand möglich, sagte Mitautor Züst der dpa. «Wir wollten zeigen, dass man auch in unbewusstem Zustand lernen kann.» Daraus lasse sich aber nicht die Empfehlung ableiten, sich generell nachts mit Informationen berieseln zu lassen in der Hoffnung, dass etwas hängen bleibe. Schliesslich wisse man noch nicht, ob das nicht auch ungewollte Folgen haben könne.

Henke sieht aber eine mögliche Anwendung bei Menschen mit Lernschwierigkeiten. So könnten die Erkenntnisse womöglich zu einem zweistufigen Lernverfahren führen: einmal die unbewusste Aufnahme im Schlaf durch Beschallung mit bestimmten Lerninhalten, verstärkt durch das Lernen der gleichen Inhalte im wachen Zustand. Schlafforscher Young sieht mögliche Anwendungsgebiete auch in der Rehabilitation nach Krankheit oder Unfällen.

«Die Studie zeigt noch einmal die Wichtigkeit von Schlaf für Lernvorgänge», sagte Young. Bekannt war, dass Schlaf zur Lernkonsolidierung beitrage, also zur Verfestigung des zuvor Gelernten. «Wer abends Flöte spielt, kann das Stück oft morgens besser, weil der Lerneffekt bei gutem Schlaf konsolidiert wird», sagte er. Dass auch ohne Bewusstsein im Tiefschlaf Assoziationen stattfinden, sei neu.

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