Mehr als 100 Jahre nach den Verbrechen der deutschen Kolonialmacht im heutigen Namibia erkennt die Bundesregierung die Gräueltaten als Völkermord an.
Deutschland erkennt Kolonialverbrechen als Völkermord an
04.06.2019, Namibia, Windhuk: Ein Denkmal erinnert im Zentrum der namibischen Hauptstadt an den von deutschen Kolonialtruppen begangenen Völkermord an den Herero und Nama von 1904 bis 1907. Die Inschrift laut übersetzt etwa: «Ihr Blut nährt unsere Freiheit». - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Deutschland erkennt seine Kolonialverbrechen in Namibia als Völkermord an.
  • Von 1884 bis 1915 schlug das Deutsche Reich Aufstände im afrikanischen Land brutal nieder.
  • Als Kompensation soll ein milliardenschweres Entwicklungsprogramm starten.
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Die Nachkommen will sie mit einem Milliardenbetrag unterstützen. «Als Geste der Anerkennung des unermesslichen Leids, das den Opfern zugefügt wurde, wollen wir Namibia und die Nachkommen der Opfer mit einem substanziellen Programm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zum Wiederaufbau und zur Entwicklung unterstützen», sagte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Freitag.

Deutschland erkennt Kolonialverbrechen als Völkermord an
Das «Südwester Reiter» genannte Reiterdenkmal der ehemaligen deutschen Schutztruppe. Das Standbild stand bis zu seiner Umsetzung vor der Alten Feste an der Robert Mugabe Avenue (früher Leutweinstrasse). Das Reiterdenkmal wurde am 27. Januar 1912 eingeweiht und soll an die Kolonialkriege des deutschen Kaiserreichs gegen die Herero und Nama von 1903 bis 1907 in Deutsch-Südwestafrika erinnern. - dpa

Zuvor hatten Delegationen beider Länder nach fast sechsjährigen Verhandlungen eine Einigung über eine politische Erklärung erzielt, der beide Regierungen nun zugestimmt haben.

Rund 100'000 Tote

Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia und schlug Aufstände brutal nieder. Historikern zufolge wurden etwa 65 000 von 80 000 Herero und mindestens 10 000 von 20 000 Nama getötet.

Deutschland erkennt Kolonialverbrechen als Völkermord an
Uruanaani Scara Matundu, ein Vertreter der Herero-Gemeinde, zeigt in einem Park in Windhuk Fotos seiner Vorfahren. Seine Familie ist vor dem Völkermord in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Botsuana geflohen. - dpa

Die Bundesregierung will in dem Abkommen die Tötung Zehntausender Menschen in der Ex-Kolonie Deutsch-Südwestafrika aus heutiger Sicht als Völkermord einstufen. Präsident Frank-Walter Steinmeier soll zudem bei einem Festakt im namibischen Parlament offiziell um Vergebung bitten.

Eine Milliarde für Nachkommen

Mit den 1,1 Milliarden Euro sollen vor allem Projekte in den Siedlungsgebieten der Herero und Nama gefördert werden. Dabei soll es um Landreform, Landwirtschaft, ländliche Infrastruktur und Wasserversorgung sowie Berufsbildung gehen. Die Bundesregierung betont aber, dass sich aus ihrer Anerkennung des Völkermords und der Gründung des Hilfsfonds keine rechtlichen Ansprüche auf Entschädigung ergeben, sondern dass es um eine politisch-moralische Verpflichtung geht.

«Ich bin froh und dankbar, dass es gelungen ist, mit Namibia eine Einigung über einen gemeinsamen Umgang mit dem dunkelsten Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte zu erzielen», sagte Maas.

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