EZB-Chefin Lagarde: Corona-Probleme halten Eurozone im Griff
Die Pandemie zwingt Europas Volkswirtschaften in einen Schrumpfkurs. Viele Unternehmen sind in der Existenz bedroht, die Arbeitslosigkeit könnte sich weiter verschärfen. Wann fasst das Wachstum in der Eurozone wieder Tritt? EZB-Präsidentin Lagarde bleibt vorsichtig.
Das Wichtigste in Kürze
- Die wirtschaftliche Unsicherheit in der Eurozone nach dem Corona-Einbruch bleibt nach Einschätzung von EZB-Chefin Christine Lagarde hoch.
«Die Auswirkungen der Pandemie spürt man weiterhin», sagte sie am Montag in Brüssel.
Lagarde nahm dort an einer Aussprache mit EU-Parlamentariern teil. «Die Wirtschaftsprognosen sehen unsicher aus», so die Notenbankchefin. Zwar habe es im dritten Quartal teils schon eine leichte Erholung in einigen Bereichen gegeben - die Risiken seien aber beträchtlich. «Die Verbraucher sind vorsichtig. Ähnlich sieht es mit den Unternehmen aus», sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) vor den Abgeordneten. Die Investitionen legten teilweise wieder zu, doch die geringe Nachfrage bleibe für viele Firmen ein Problem.
Um die gesamtwirtschaftliche Lage zu stabilisieren, pumpt die EZB Milliarden in die Märkte. Im Rahmen eines Corona-Notprogramms will sie bis mindestens Ende Juni 2021 Staats- und Unternehmensanleihen im Wert von 1,35 Billionen Euro aufkaufen. Das soll Ländern wie Firmen helfen: Sie müssen für ihre Papiere dann nicht so hohe Zinsen bieten.
Die heftige Rezession dürfte jedoch so schnell nicht enden. Für dieses Jahr gehen die Währungshüter aktuell von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Euroraum um 8 Prozent aus, wie Lagarde in Brüssel bekräftigte. Die Voraussage ist nicht mehr ganz so düster wie noch im Sommer, aber eine baldige Besserung ist noch nicht in Sicht.
2021 könnte es laut EZB - bezogen auf das Vorjahresniveau - wieder um 5 und 2022 dann um 3,2 Prozent aufwärts gehen. Wohl erst gegen Ende 2022 werde die Wirtschaft der 19 Euroländer insgesamt wieder auf dem Vor-Krisen-Stand sein, schätzt die Notenbank. Und mögliche negative Überraschungen müsse man stets einkalkulieren: «Die Stärke der Erholung hängt ab von der weiteren Entwicklung der Pandemie.»
Das Notkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) war im Juni fast verdoppelt worden. Lagarde betonte in Brüssel, die EZB sei bereit, alle Instrumente bei Bedarf anzupassen. Die Inflation ist derzeit extrem gering, sie dürfte im Gesamtjahr bei mageren 0,3 Prozent liegen. Auch wenn dies für Verbraucher auf den ersten Blick günstig erscheinen mag, sind länger sinkende Preise ein Risiko für die Konjunktur: Sie können - in Erwartung weiterer Rückgänge - eine fatale Abwärtsspirale immer geringerer Investitionen auslösen.
Der stärkere Euro drückt ebenfalls auf die Inflation - er macht Importe in die Eurozone billiger. Lagarde sagte, die Teuerung könnte in den kommenden Monaten im gemeinsamen Währungsgebiet negativ bleiben. In Deutschland lag sie im August bei 0,0 Prozent.