UN-Klimakonferenz: Guterres fordert Tempo
Der Klimawandel ist längst keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern weltweit spürbar. Was auf dem Spiel steht, wird auch beim Auftakt der UN-Klimakonferenz in Madrid deutlich. Die Unterhändler haben zwei schwierige Wochen vor sich.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zeit drängt, Millionen demonstrieren - aber die Staaten handeln langsam: Mit eindringlichen Rufen nach mehr Klimaschutz hat die 25.
UN-Klimakonferenz begonnen.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, sprach in Madrid von einem «Krieg gegen die Natur», der beendet werden müsse. «Wenn wir nicht schnell unseren Lebensstil ändern, gefährden wir das Leben an sich.»
196 Staaten und die EU verhandeln in den kommenden zwei Wochen darüber, wie das werden kann. Die Aktivisten von Fridays for Future und anderen Klimaschutzbewegungen dürften ihnen genau auf die Finger schauen. Die Schwedin Greta Thunberg, das Gesicht der weltweiten Jugend-Proteste, dürfte nach ihrer Atlantik-Überquerung diese Woche in Portugal ankommen, am Freitag will sie in Madrid mit Schülern demonstrieren.
Die Bundesregierung war am Montag noch nicht in Madrid vertreten, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist erst in der zweiten Verhandlungswoche dabei. «Die Welt nimmt Anlauf für mehr Klimaschutz», teilte sie mit. «Je länger wir warten, desto schwieriger und teurer wird es.» Europa solle vorangehen. Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versicherte in Madrid: «Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten.» Von der Leyen will die Ziele der EU zum Einsparen von Treibhausgasen für 2030 verschärfen - 2050 soll die europäische Wirtschaft unterm Strich sogar klimaneutral sein.
Bis 2020 sollen alle Staaten ehrgeizigere Pläne zur Reduzierung ihres Treibhausgas-Ausstosses vorlegen, dafür sollen in Madrid die notwendige Unterstützung und auch Druck aufgebaut werden. Zudem geht es um Regeln, nach denen Staaten und Unternehmen Klimaschutz in anderen Ländern finanzieren können - dabei kommt es aus Sicht der Bundesregierung darauf an, dass nichts doppelt angerechnet wird. Ein weiteres Thema soll die Finanzierung von Schäden durch Extremwetter in ärmeren Ländern sein, die mit dem Klimawandel zunehmen.
Zurzeit zerstöre die Menschheit wissentlich die Ökosysteme, die sie am Leben erhalten, beklagte Guterres. Vor allem die Länder mit dem grössten Treibhausgas-Ausstoss müssten mehr tun. Trotz gegenteiliger Versprechen sei während der vergangenen zehn Jahre der Ausstoss von Treibhausgasen jährlich im Schnitt um 1,5 Prozent gestiegen.
Die bisherigen Klimaschutzpläne der Staaten reichen bei Weitem nicht, um die Erderhitzung wie 2015 in Paris vereinbart auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Geht es weiter wie bisher, könnten es bis Ende des Jahrhunderts stattdessen im Mittel knapp 4 Grad mehr sein.
Auch die USA sind in Madrid dabei, obwohl US-Präsident Donald Trump ihren Ausstieg aus dem Pariser Abkommen eingeleitet hat. Die Frontfrau der US-Demokraten, Nancy Pelosi, sicherte als Leiterin einer Delegation von Demokraten des US-Kongresses zu: «Wir sind noch dabei. Die Vereinigten Staaten sind noch dabei.»
Der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, der koreanische Klimaökonom Hoesung Lee, sagte, die fatalen Folgen der Erderwärmung kämen schneller und massiver als angenommen, etwa beim Anstieg der Meeresspiegel und der Erwärmung der Ozeane. Es seien Veränderungen der Lebens- und Wirtschaftsweise ungekannten Ausmasses nötig. «Wir sind nicht einmal ansatzweise dabei, den Klimawandel zu bekämpfen.»
Den Vorsitz des diesjährigen Klimagipfel hat die chilenische Umweltministerin Carolina Schmidt, denn eigentlich hätten die Verhandlungen in Chile stattfinden sollen. Wegen der regierungskritischen Proteste dort sprang Spanien als Gastgeber ein. «Nur wenn wir Seite an Seite stehen, wenn wir zusammenarbeiten, können wir wirklich die grösste Herausforderung angehen, die weltweit auf uns zukommt: den Klimawandel», sagte Schmidt.
Der neue EU-Ratsvorsitzende, der Belgier Charles Michel, sagte, die Menschheit erleide zurzeit den Klimanotstand. Die Ressourcen des Planeten seien über Gebühr ausgebeutet worden. «Wir haben den Planten in die Knie gezwungen", sagte er.