Frankreich steht wegen Streiks ein «schwarzer Donnerstag» bevor
Ab Donnerstag soll ein Generalstreik Frankreich zum Stillstand bringen. Wegen der geplanten Rentenreform werden weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt.
Das Wichtigste in Kürze
- Morgen Donnerstag soll ein Generalstreik ganz Frankreich zum Stillstand bringen.
- Grund dafür ist die geplante Rentenreform der Regierung.
Der Generalstreik richtet sich gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron. Die Regierung rechnet mit den grössten Protesten seit Beginn der «Gelbwesten»-Krise vor gut einem Jahr und mit möglichen Ausschreitungen.
Die Bahn, der Pariser Nahverkehr, Schulen, Spitäler sowie die Müllabfuhr: Weite Bereiche des öffentlichen Dienstes in Frankreich sind am «schwarzen Donnerstag» von dem Streik betroffen. Auch das Bodenpersonal an Flughäfen, Feuerwehrleute und die Polizei wollen sich beteiligen.
Öffentlicher Verkehr weitgehend lahmgelegt
Frankreich-Reisende müssen mit Schwierigkeiten rechnen, die meisten Schnellzüge und viele Flüge sind gestrichen, die Pariser Metro kommt weitgehend zum Erliegen. Auch der Bahnverkehr in die Schweiz ist betroffen.
Die Gewerkschaften hoffen auf eine Beteiligung wie 1995, als die Regierung Rentenpläne nach wochenlangen Demonstrationen kippte. Fast 250 Kundgebungen im Land sind angekündigt, wie das Innenministerium am Mittwoch mitteilte.
Ihnen wollen sich Mitglieder der Protestbewegung der «Gelbwesten» anschliessen, die vor gut einem Jahr fast 300'000 Menschen auf die Strasse brachte. Innenminister Christophe Castaner fürchtet Ausschreitungen durch «radikale Gelbwesten» und Krawallmacher und kündigte ein erhöhtes Sicherheitsaufgebot an.
Der Streik bei der Bahn und beim Pariser Nahverkehr ist «unbegrenzt» angekündigt, in Spitälern und Schulen kommt es bereits seit Wochen immer wieder zu Protesten gegen zu geringe Löhne und angehäufte Überstunden. Auch die Landwirte gingen zuletzt auf die Strasse.
Gegen Rentenreform
Offiziell richtet sich der Generalstreik gegen die Rentenreform, die im Detail noch gar nicht bekannt ist. Die Gewerkschaften warnen aber vor massiven Einschnitten, seit Präsident Macron die Pläne 2017 im Wahlkampf ankündigte.
Der 41-jährige Staatschef will das komplizierte System vereinheitlichen, das neben einer allgemeinen Rente spezielle Regelungen für 42 Branchen vorsieht.
Klar ist bisher nur: Macron will die Vorrechte für diese Branchen abschaffen, deren Angehörige teils schon ab Mitte 50 in den Ruhestand gehen.
Ein «gerechteres» System soll an die Stelle treten, bei dem «jeder eingezahlte Euro die gleichen Rechte für alle» bietet. Zugleich will sie das Defizit der Rentenkassen bekämpfen, das bis 2025 auf bis zu 17 Milliarden Euro ansteigen könnte.
Französisches Rentensystem «unreformierbar»
Die Regierung verhandelt bereits seit Monaten mit den Sozialpartnern über die Rentenreform, doch die Fronten sind verhärtet.
Das gesetzliche Renten-Eintrittsalter von 62 Jahren will die Regierung zwar offiziell nicht antasten, aber wer es wahrnimmt, muss künftig mit Abschlägen rechnen. Bis zum Sommer soll das Parlament die neuen Regeln beschliessen.
Mit ähnlichen Plänen scheiterten der konservative Präsident Jacques Chirac und sein Premier Alain Juppé 1995 krachend: Rund einen Monat lang legten Streikende damals den öffentlichen Dienst lahm. Die Reform wurde kassiert. Seitdem gilt das französische Rentensystem als unreformierbar.