Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy zu Haft verurteilt
Vor neun Jahren verliess er den Élyséepalast. Nun wird Nicolas Sarkozy von einer Affäre eingeholt und zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Aussichten auf ein Comeback dürften sich damit erheblich verdüstern.
Das Wichtigste in Kürze
- Beispiellose Entscheidung in Frankreich: Der frühere Staatschef Nicolas Sarkozy ist wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
Davon setzte ein Strafgericht am Montag in Paris zwei Jahre zur Bewährung aus.
Der 66-Jährige muss aber wohl nicht ins Gefängnis. Sarkozy könne die Strafe unter elektronischer Überwachung zu Hause verbüssen, so das Gericht.
Das Urteil gilt dennoch als historisch: Bisher wurde in der 1958 gegründeten «Fünften Republik» kein früherer Präsident so hart bestraft. Der konservative Politiker will dagegen in Berufung gehen. Sarkozys Anwältin Jacqueline Laffont sagte, das Urteil errege Empörung und sei «völlig unbegründet». Der Fall wird also aller Voraussicht nach in einem neuen Prozess aufgerollt.
Die Richter verurteilten auch Sarkozys langjährigen Anwalt Thierry Herzog und den Juristen Gilbert Azibert zu jeweils drei Jahren Haft, ebenfalls mit zwei Jahren auf Bewährung. Anwalt Herzog darf seinen Beruf fünf Jahre lang nicht ausüben.
Der Prozess hatte in Frankreich zu grossem Aufsehen geführt. Bei der Verkündung des Urteils war Sarkozy persönlich anwesend. Auch Herzog legte Berufung ein, wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf seine Anwälte berichtete.
Der Altpräsident hatte 2014 versucht, über seinen damaligen Anwalt vom damaligen Generalanwalt beim Kassationsgericht, Azibert, Ermittlungsgeheimnisse in einer anderen Affäre zu erhalten. Im Gegenzug wurde Unterstützung bei der Bewerbung des hohen Beamten für einen Posten in Monaco angeboten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Angeklagten einen «Korruptionspakt» schlossen.
Sarkozy und Herzog hätten gewusst, dass Aziberts Verhalten unerlaubt war. Das Gericht sprach von einer «besonderen Schwere» der Taten, da sie von einem früheren Staatschef begangen worden seien. Schon die Anklage hatte argumentiert, dass die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet worden sei.
Der konservative Politiker regierte von 2007 bis 2012 im Elyséepalast. Er hatte die Vorwürfe Ende vergangenen Jahres vor Gericht zurückgewiesen und bestreitet sie bis heute. Bei zahlreichen Anhängern der bürgerlichen Rechten gilt Sarkozy als Führungsikone, obwohl er keine Ämter mehr hat. Mit der Verurteilung sei ein mögliches politisches Comeback aber erheblich erschwert, hiess es in französischen Medien. Der Vorsitzende der konservativen Republikaner, Christian Jacob, kritisierte die Strafe via Twitter als «völlig verhältniswidrig».
Die Vorwürfe beruhen auf der Verwendung abgehörter Telefongespräche des Politikers mit seinem Anwalt Herzog. Um die Rechtmässigkeit dieser Abhöraktion hatte es einen heftigen Streit gegeben. Ermittler fanden heraus, dass Sarkozy und Herzog für vertrauliche Gespräche Mobiltelefone nutzten, die der Ex-Präsident unter dem Pseudonym Paul Bismuth angeschafft hatte.
Es war nicht das erste Mal, dass in Frankreich ein früherer Präsident verurteilt wurde. Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac erhielt 2011 wegen Veruntreuung und Vertrauensbruch in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.
Affären um reiche Freunde, masslose Regierungsmitglieder oder Vetternwirtschaft hatten Sarkozys Zeit im Élysée geprägt. Der einstige Hoffnungsträger der Rechten hatte seine Karriere als Bürgermeister begonnen. Er verlor schliesslich 2012 gegen den Sozialisten François Hollande. Nach seinem Abgang wollte Sarkozy fünf Jahre später noch einmal Präsident werden - scheiterte jedoch bereits im Ausleseverfahren im Lager der Konservativen.
Sarkozy steht vor einem juristischen Hürdenlauf. Wegen Ausgaben für seine erfolglose Wiederwahlkampagne wird es Mitte des Monats einen weiteren Prozess geben. Die Justiz ermittelt zudem seit Jahren wegen angeblicher Zahlungen Libyens für seinen erfolgreichen Präsidentenwahlkampf 2007. Sarkozy weist auch hier alle Vorwürfe zurück.
«Sarko», wie er häufig genannt wird, hatte in der Vergangenheit Spekulationen über ein mögliches politsches Comeback genährt. Im vergangenen Sommer veröffentlichte er den Memoirenband «Le Temps des Tempêtes» («Die Zeit der Stürme»), der zu einem Bestseller wurde. Unterstützung kam von seiner Frau, der Sängerin Carla Bruni. «Welch unsinnige Versessenheit», kommentierte sie nach dem Urteil auf ihrem Instagram-Konto. Der Kampf werde weitergehen, versicherte das einstige Topmodel.