Führungswechsel in der CDU könnte AfD in die Bredouille bringen
«Merkel war unsere beste Wahlkampfhelferin», sagt AfD-Chef Meuthen. Wie geht es nach der Einläutung des Rückzugs der Kanzlerin für die Rechtspopulisten weiter?
Das Wichtigste in Kürze
- Durch den Rücktritt Angela Merkels verliert die AfD ihr gemeinsames «Feindbild».
- «Sie müsse sich was neues einfallen lassen», meint ein Berliner Politikwissenschaftler.
«Merkel muss weg» ist seit Jahren der kleinste gemeinsame Nenner der AfD. Ein Slogan, hinter dem sich Asyl-Gegner, Wirtschaftsliberale, Anti-Windpark-Aktivisten und Rechtsnationale in Deutschland versammelt haben. Jetzt ist das Ende der Ära Merkel absehbar. Wie geht die AfD mit dem Verlust ihres Lieblings-Feindbildes um? Brechen jetzt die inneren Konflikte auf? Und wie soll die AfD künftig Protest-Wähler mobilisieren, wenn die Erneuerung plötzlich aus der Mitte der CDU kommt?
Offiziell reagiert die AfD-Spitze auf den angekündigten Rückzug der CDU-Chefin cool - so cool wie Angela Merkel selbst. Diese erklärte am Montag in ihrer gewohnt nüchternen Art erst, warum sie im Dezember den Parteivorsitz und zur nächsten Wahl dann auch den Platz im Kanzleramt räumen wird.
«Beste Wahlkampfhelferin»
«Merkel war unsere beste Wahlkampfhelferin», sagt AfD-Chef Jörg Meuthen. Dass der Stern der Bundeskanzlerin nun langsam sinke, bringe seine Partei aber nicht in Bedrängnis, betont er. «Wir kommen trotzdem gut klar und fürchten die Konkurrenz nicht.»
Doch ganz so einfach, wie die AfD vorgibt, ist es dann vielleicht doch nicht. Vor allem Friedrich Merz, der seine Kandidatur am Dienstag offiziell bekanntgab, könnte für die Rechtspopulisten zum Problem werden. Der 62-jährige Jurist gilt als Merkel-Kritiker und steht für wirtschaftsliberale Positionen. Im Oktober 2000 stiess er eine breite öffentliche Debatte an, als er im Bundestag forderte, Zuwanderer, die auf Dauer in Deutschland leben wollen, müssten sich an eine «deutsche Leitkultur» anpassen.
«Uns gibt es ja, weil die CDU viele konservative Positionen geräumt hat», sagt der AfD-Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig (64). Dass diese Entwicklung von den Christdemokraten jetzt rückgängig gemacht werde, könne er sich nicht vorstellen, erklärt Hartwig. Er stammt wie Merz aus Nordrhein-Westfalen und war früher Chefjurist eines Pharmakonzerns. Hartwig ist überzeugt: «Das System Merkel ist in der CDU jetzt fest etabliert.»
Strategie wird beibehalten
Siegbert Droese, Bundestagsabgeordneter und Landesvize der sächsischen AfD, sieht deshalb auch keinen Grund, die Strategie für die nächstes Jahr anstehenden Landtagswahlkämpfe in Thüringen, Brandenburg und Sachsen jetzt neu zu justieren. Er sagt, für die AfD werde sich nichts ändern, wenn die CDU Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer oder NRW-Ministerpräsident Armin Laschet an die Spitze wählen sollte. Auch der in Zuwanderungsfragen etwas skeptischere Gesundheitsminister Jens Spahn ist aus Sicht von Droese «gross geworden an der Seite von Frau Merkel».
Dass Merz das Rennen machen wird, hält man in der AfD für unwahrscheinlich. Sollte es aber dazu kommen, könnte es laut Droese vielleicht doch nötig werden, die AfD-Wahlprogramme für 2019 noch einmal «neu zu überdenken».
Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke sagt: «Die Fixierung der AfD auf das Feindbild Merkel ist für sie ein Dilemma. Sie müssen sich jetzt etwas Neues einfallen lassen.» Merz habe zwar nur eine «Aussenseiter-Chance». Er wäre für die AfD aber nach Ansicht von Funke der schwierigste Gegenspieler. Funke glaubt: «Eine generelle Abkehr vom Mitte-Kurs der CDU wäre zwar auch mit einem Vorsitzenden Merz nicht zu erwarten, eine leichte Verschiebung nach rechts aber schon.»