Gedenken an Brückenunglück in Genua: Tränen und Warten auf Prozess
Mit Tränen, einer Schweigeminute und Politiker-Ansprachen hat Italien des Brückeneinsturzes in Genua vor zwei Jahren gedacht. Exakt zur Zeit des Unglücks um 11.36 Uhr nahmen sich Angehörige der 43 Todesopfer am Freitag nahe dem Brücken-Neubau in die Arme und schwiegen in Erinnerung an die Katastrophe.
In der Hafenstadt läuteten Kirchenglocken. Zuvor war dort eine Gedenkstätte mit 43 unterschiedlichen Bäumen eingeweiht worden. Premier Giuseppe Conte sagte bei der Veranstaltung, die Opfer «werden wir nie vergessen können». Die juristische Aufarbeitung, bei der Ermittler die Schuldfrage klären wollen, nannte er eine «Verpflichtung».
Am 14. August 2018 war in der ligurischen Hafenstadt die Morandi-Autobahnbrücke zusammengebrochen. Autos und Lastwagen stürzten in die Tiefe. 43 Menschen starben. Hunderte, die unter der Hochbrücke gewohnt hatten, wurden obdachlos. Am 3. August war der Neubau unter dem Namen San Giorgio eingeweiht worden.
Egle Possetti vom Angehörigen-Komitee wiederholte am Freitag bei dem Gedenken ihre Forderung nach einem zügigen Gerichtsverfahren. «Es ist nicht länger akzeptabel, dass Prozesse Jahrzehnte dauern können», sagte sie. Die Angehörigen litten doppelt Schmerzen, weil sie auf «Gerechtigkeit warten, die vielleicht niemals kommen wird».
Die Staatsanwaltschaft in Genua ermittelt nach eigenen Angaben gegen mehr als 70 Menschen; teils Beschäftigte vom privaten Autobahnbetreiber, aber auch andere womöglich Verantwortliche. Es besteht der Verdacht, dass es an der Brücke Wartungsmängel gab. In den ersten Monaten 2021 würden die Untersuchungen zu einem Ergebnis kommen, kündigte die Justizbehörde in der Zeitung «La Repubblica» am Donnerstag an.