Müssen Unternehmen mehr im Kampf gegen Corona tun?

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Deutschland,

Keine grossen Familientreffen, kein Sportverein, keine Schule: Der Lockdown schränkt das Freizeitleben der Menschen und den Bildungsbereich stark ein. Doch bei der Arbeit herrscht manchmal fast Alltag. Forderungen nach strengeren Regeln werden laut.

CA Immo
Die CA Immo vermietet unter anderem Bürogebäude. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Im verlängerten Lockdown nimmt die Debatte um die Verantwortung der Wirtschaft im Kampf gegen das Coronavirus Fahrt auf.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert angesichts anhaltend hoher Infektionszahlen und des Auftretens einer Virusmutation, die Wirtschaft bei der Bekämpfung der Pandemie stärker in den Fokus zu nehmen. «Millionen Beschäftigte sind täglich von Infektionen bedroht, weil Schutzmassnahmen in Unternehmen nicht ausreichen, ohne Not Präsenzpflicht eingefordert wird oder Risiken durch die Anfahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mitgedacht werden», sagte Göring-Eckardt dem «Tagesspiegel» (Sonntag).

Bund und Länder hätten bei Einzelhandel, Kultur und Schulen zwar harte Massnahmen ergriffen. Für grosse Bereiche der Wirtschaft gebe es aber kaum verpflichtende Regeln. Das sei nicht nachvollziehbar und unverantwortlich. «Beim Kampf gegen das Virus gehören Wirtschaft und Arbeitswelt ins Zentrum», sagte die Politikerin. Zuletzt hatte etwa auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kritisiert, dass manche Teile der Wirtschaft so tun könnten, als sei nichts.

Arbeitgeber halten dagegen. «Wir müssen die Menschen pandemiegeschützt so gut es geht in Brot und Arbeit halten. Nur mit Wertschöpfung können wir unsere Sozialsysteme am Leben halten, die im Moment alle versorgen», sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» («FAS»). Das Land müsse am Laufen gehalten, Insolvenzen sollten vermieden werden. «Sie können doch nicht alle Betriebe schliessen», sagte Dulger.

Für Diskussionen sorgt weiterhin auch, wie Firmen mit dem Homeoffice umgehen. Ein Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht zwar vor, dass Arbeitnehmer das Recht bekommen sollen, einen Wunsch nach regelmässigem mobilem Arbeiten mit ihrem Arbeitgeber zu erörtern. Ein ursprünglich angedachtes Recht auf Homeoffice ist allerdings nicht mehr geplant - die Union ist dagegen. Bund und Länder haben die Arbeitgeber lediglich «dringend gebeten», grosszügige Homeoffice-Möglichkeiten zu schaffen. Auf Twitter setzte eine Debatte unter dem Schlagwort #MachtBueroszu ein. Nutzer erzählen Geschichten aus ihrem Alltag über eine Präsenzpflicht und dass sie mit der U-Bahn ins Büro fahren müssten, trotz der hohen Corona-Neuinfektionszahlen.

Die Bundesregierung müsse verbindliche Regelungen schaffen, sagte Verdi-Chef Frank Werneke dem Magazin «Stern». Die Betriebe stünden in der Pflicht, für einen möglichst wirksamen Infektionsschutz zu sorgen. Dazu gehöre in der jetzigen Phase der Pandemie das Arbeiten von daheim aus, «wo immer das möglich ist». Der Gewerkschaftschef warnte jedoch davor, Beschäftigte zum Arbeiten zu Hause zu verpflichten. «Viele Menschen, die mobil arbeiten, müssen stark improvisieren, haben vielleicht nicht einmal genug Platz für einen Schreibtisch.»

Der Grossteil der Betriebe, in denen es überhaupt möglich sei, habe zwar auf mobiles Arbeiten umgestellt, sagte Werneke. Es gebe aber auch «einen gewissen Anteil von Arbeitgebern, die ihrer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten nicht gerecht werden.» Göring-Eckardt fordert, im Zweifel auch mit Sanktionen zu arbeiten. Wo Arbeitgeber uneinsichtig seien und ohne Grund Präsenz am Arbeitsplatz einforderten, müsse «mit Bussgeldern Druck gemacht» werden, sagte sie der «FAS». Die Bundesregierung habe eine klare Verantwortung und die rechtliche Möglichkeit, bundeseinheitliche Regeln zu erlassen.

In vielen Bereichen ist Homeoffice allerdings gar nicht möglich, wie etwa im Lebensmitteleinzelhandel, in der Pflege und in Fabriken. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, beziffert den Anteil der Beschäftigten in Deutschland, die nicht von zu Hause aus arbeiten können, auf 60 Prozent.

Arbeitgeberchef Dulger betonte, dass Unternehmen und Beschäftigte bereits viel erreicht hätten. «Dazu gehörten Pandemiepläne, vielfältige Homeoffice- und Datenschutzregelungen und tarifliche Vereinbarungen», sagte er der «FAS». Er beobachte bei Mitarbeitern, die einer Bürotätigkeit nachgehen, «dass man nach einer langen Phase daheim gerne mal wieder in den Betrieb kommt, um auch mal wieder die Kollegen zu sehen - zwar nur mit Abstand, aber immerhin.»

Während Forderungen nach strikteren Vorgaben für Firmen lauter werden, wollen einige im Kampf gegen das Virus auch aktiv helfen. «Wir bieten an, dass unsere Ärzte und das medizinische Fachpersonal die öffentlichen Impfzentren schon in der ersten Impfphase unterstützen», heisst es etwa von einer Daimler-Sprecherin. Zuvor hatte die «Automobilwoche» darüber berichtet. «Unsere jahrelangen Erfahrungen mit breit angelegten Impfungen und unsere vorhandene Infrastruktur bringen wir gerne schnellstmöglich ein.»

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