Heinz Strunk schreibt eigene Version von Manns «Zauberberg»

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Heinz Strunk, der Hamburger (D) Autor, hat einen Roman über seinen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik geschrieben und ihn «Zauberberg 2» genannt.

Heinz Strunk
Heinz Strunk, der Hamburger Autor, hat einen Roman über einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik verfasst und ihn provokativ «Zauberberg 2» genannt. (Archivbild) - Christian Charisius/dpa

Der Hamburger (D) Autor Heinz Strunk hat einen Roman über den Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik geschrieben und ihn einfach mal «Zauberberg 2» genannt. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr von Thomas Manns «Der Zauberberg», der im November vor 100 Jahren erschienen war. Ist dieses Buch eine Hommage an den Jahrhundertschriftsteller Thomas Mann – oder ein Affront?

Natürlich sei das Timing Absicht gewesen, gab Heinz Strunk unlängst in Thomas Manns Geburtsstadt Lübeck bei einem Treffen der Thomas-Mann-Gesellschaft zu. Verkauft sich ja auch gut. Gleichzeitig solle der Roman eine Verneigung vor Thomas Mann sein, sagte er.

Strunk sieht «Zauberberg 2» als Hommage

«Ich begreife das schon als Hommage. Das ist ja schon ein grosses Werk und ich habe versucht, eine zeitgenössische Interpretation zu schreiben. Und ich finde, das ist mir ganz gut gelungen», sagte Strunk im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Die Idee dazu habe er schon vor etwa sieben Jahren gehabt. «Einfach nur die Formulierung 'Zauberberg 2'. Und dann habe ich das in meine Sammlung geschrieben und erst mal liegen gelassen.» Irgendwie sei für ihn ein Reiz ausgegangen von der «implizierten Frechheit, dieses literarische Monument mit einer schnöden 2 zu versehen».

Heinz Strunk liest «Der Zauberberg» und begibt sich ins Sanatorium

Doch es bedurfte dann doch einiger Vorarbeit. Um das tatsächlich machen zu können, «müsste ich den Zauberberg lesen und mich in ein Sanatorium begeben.» Gesagt, getan.

So gibt es nun «Zauberberg 2» und der hat viele Parallelen zu Manns «Der Zauberberg». Allen voran: Der Protagonist wollte eigentlich nur mal kurz ins Sanatorium und sich heilen lassen und bleibt am Ende deutlich länger. Allerdings ist es keine Lungenklinik, sondern eine Klinik für psychosomatische Erkrankungen.

«Frische Luft und Liegekuren – viel passiert ja nicht im 'Zauberberg'. Das weite Feld der Psychosomatik finde ich viel ergiebiger», sagte Strunk. Für seine Recherchen war er zehn Tage lang selbst in einem solchen Sanatorium und hat abends seine Beobachtungen aufgeschrieben. Wo genau er war, verrät der 62-Jährige nicht. Mehr als ein Jahr habe er im Anschluss an dem Roman gearbeitet.

Jonas Heidbrink sucht Zuflucht in einer Klinik

«Zauberberg 2» dreht sich um Jonas Heidbrink, 36 Jahre alt, dank einer Erfindung sehr reich und unzufrieden mit seinem Dasein. Seelische Schieflage. Also bucht sich der ansonsten Kerngesunde in eine Klinik im Nirgendwo von Mecklenburg-Vorpommern ein. Selbstzahler. 823 Euro am Tag.

Mit Heidbrink tauchen die Leserinnen und Leser tief in den weitgehend tristen und wenig abwechslungsreichen Klinikalltag ein. Das Essen im Speisesaal, die Eigenarten der Mitpatienten, die Sitzungen, die Therapeuten, die verschiedenen Therapieansätze, verstopfte Abflüsse, Vitalwerte, körperliche Reaktionen und Langeweile. Die Leserinnen und Leser sind direkt mit in Heidbrinks Kopf unterwegs. Einiges davon habe Strunk selbst so erlebt, sagte er.

Autor Strunk zeigt sich in seinem Roman einmal mehr als präziser Beobachter, der scharfsinnig beschreibt. Manchmal wird er dabei sogar unerwartet poetisch, wenn er beispielsweise einen Linseneintopf beschreibt. «Der schöne heisse Eintopf umschliesst Heidbrinks Herz, sein Inhalt ist wie ein Konzentrat der Welt. Ich und mein Eintopf: Zweitopf.»

Ein düsteres Wechselbad der Gefühle

Vor allem aber ist «Zauberberg 2» ein Wechselbad der Gefühle und der Gedanken in Moll: Elend, Trostlosigkeit, Vergänglichkeit, Verzweiflung, Melancholie, Enttäuschung, Sinnlosigkeit. Es ist ein gemeinsames Absitzen der sich allzu zäh dahinziehenden Zeit in einer Klinik, die währenddessen selbst auch langsam zugrunde geht.

Dieses Gefühl hat Strunk so gut in den Roman gepackt, dass sich auch das Lesen teilweise wie Kaugummi zieht. Doch besteht ein wichtiger Unterschied zu «Der Zauberberg». Während Mann seinen Roman auf rund 1000 Seiten ausrollt, reichen Strunk schlanke 276 Seiten. Liebe, Sex und Alkohol finden – anders als sonst in Strunk-Büchern – in «Zauberberg 2» keinen Platz. «Das habe ich ganz bewusst ausgespart diesmal. Das kam ja auch bei Mann nicht vor.»

Thomas Manns Fieberträume Teil des Romans

Spannend ist für Mann-Fans sicherlich der Teil des Romans, der plötzlich recht abstrus und anders daher kommt. Auf den letzten Seiten verwebt Strunk seine Worte mit denen von Thomas Mann im «Zauberberg» und lässt so die 100 Jahre alten Fieberträume in den Gedanken eines modernen Kranken wieder aufleben.

Ob er wohl mit Mann befreundet wäre, wenn sie zur gleichen Zeit gelebt hätten? «Vermutlich nicht so sehr», sagt Strunk dazu. Das sehr bürgerliche Leben Manns mit den strengen Regeln, sagenhaften Korrespondenzen und dem Leben im Verborgenen sei eher nichts für ihn.

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