«Körperwelten»-Erfinder Gunther von Hagens wird 80 Jahre alt
Der «Körperwelten»-Erfinder Gunther von Hagens, bekannt als «Dr. Tod», feiert seinen 80. Geburtstag.
Mit seiner Ausstellung «Körperwelten» vermittelt der Leichenpräparator Gunther von Hagens seit rund 30 Jahren verborgene Einblicke in den menschlichen Körper. Neben Faszination löste der Anatom mit dem Beinamen «Dr. Tod» auch Entsetzen und Kritik aus. Der wohltemperierte Tabubruch gehört zum Leben des umstrittenen Mediziners wie sein auffälliger schwarzer Hut. Am 10. Januar wird von Hagens 80 Jahre alt.
Nachdem er 2008 an Parkinson erkrankte, zog sich von Hagens immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Seinen 1995 ins Leben gerufenen «Körperwelten»-Ausstellungen tut das kein Abbruch, sie bestehen bis heute fort. Neben Wanderausstellungen in Deutschland tourte von Hagens mit den Präparaten durch die ganze Welt.
Mehr als 50 Millionen Besucher
Zu dem Publikumserfolg sagte von Hagens einmal in einem Gespräch mit der «Frankfurter Rundschau»: «Die Menschen besuchen die Ausstellung vor allem aufgrund ihres Interesses am eigenen Körper, denn nichts ist uns näher». Wer die «Körperwelten» besucht, schaut sich gewissermassen selbst unter die Haut.
Zu sehen sind konservierte Leichen und Körperteile echter Menschen – Sehnen, Blutgefässe, Muskeln und Organe. Die Ganzkörperplastinate wirken dabei wie zum Leben erweckt.
Provokante Darstellungen sorgen für Kritik
Unter anderem wegen dieser provokanten Darstellungen geriet von Hagens immer wieder in die Kritik. Neben Leichenfledderei und Voyeurismus wurde ihm auch ein kommerzielles Interesse am Tod vorgeworfen.
Dazu dürften auch Eklats wie eine vor laufender Kamera und zahlendem Publikum gezeigte Leichenöffnung in London im Jahr 2002 beigetragen haben.
Dagegen betonte von Hagens stets, er wolle die Wissenschaft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.
Anatomie sei «die einzige Wissenschaft, zu der Laien keinen direkten Zugang haben», bemängelte er in dem Interview mit der «Frankfurter Rundschau» im Jahr 2019. Eine «gewisse Portion Voyeurismus» sei daher «jeder Betrachtung anatomischer Präparate eigen».
Das spezielle Verfahren zur Leichenkonservierung hatte von Hagens nach seinem Medizinstudium erfunden. Er arbeitete ab 1975 am Anatomischen Institut der Universität Heidelberg und entwickelte während seiner dortigen Forschung die sogenannte Plastination.
Von Hagens: Ein Leben zwischen Faszination und Kontroverse
Geboren wurde von Hagens am 10. Januar 1945 als Gunther Gerhard Liebchen südöstlich von Posen im heutigen Polen. Kurz nach seiner Geburt flüchtete die Mutter mit dem Neugeborenen vor russischen Truppen.
Nach eigenen Angaben litt von Hagens bereits als Kind unter einer seltenen Bluterkrankheit, die ihn zu längeren Krankenhausaufenthalten zwang.
In der DDR aufgewachsen, protestierte von Hagens 1968 gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings. Nach einem gescheiterten Fluchtversuch wurde er 1969 aus politischen Gründen inhaftiert und im Jahr darauf von der Bundesrepublik freigekauft.
Von Hagens ist seit 1992 in zweiter Ehe mit der Ärztin Angelina Whalley verheiratet, die auch Kuratorin der «Körperwelten»-Ausstellungen ist. Aus erster Ehe stammt neben drei Kindern auch der Nachname von Hagens.
Sein Sohn Rurik von Hagens leitet inzwischen die Geschäfte des sogenannten Plastinariums im brandenburgischen Guben, in dem Leichen von Körperspendern plastiniert werden.
Daneben gibt es hierzulande in Berlin und Heidelberg zwei weitere Standorte mit Dauerausstellungen der Plastinate.