Kramp-Karrenbauer schliesst Hormus-Einsatz nicht aus
Eigentlich wollte die neue Verteidigungsministerin dieser Tage in den Urlaub. Stattdessen reist sie nun von Kaserne zu Kaserne. Und sie macht erste Ansagen, mit denen sie sich möglicherweise auch in der Koalition nicht nur Freunde macht.
Das Wichtigste in Kürze
- Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) schliesst eine Beteiligung der Bundeswehr an einer europäischen Schutzmission für Handelsschiffe in der Strasse von Hormus nicht grundsätzlich aus.
Sie betonte bei einem Besuch des Einsatzführungskommandos in Geltow bei Potsdam aber, dass es bisher weder eine Anfrage noch ein konkretes Bild von der Gestaltung eines solchen Einsatzes gebe. Zu dem in der Koalition umstrittenen Anti-IS-Einsatzes in Syrien und im Irak sagte die Ministerin, die Mission werde derzeit noch als «absolut notwendig» angesehen. Noch im August will sie die an dem Einsatz beteiligten Soldaten besuchen.
Das wird dann ihr erster Truppenbesuch im Ausland. Nur wenige Stunden nach ihrer Vereidigung im Bundestag hatte die CDU-Vorsitzende bereits ihren erste Visite in einer Kaserne im Inland absolviert - beim Feldwebel- und Unteroffiziersbataillon in Celle. Am Donnerstag flog sie dann mit dem Hubschrauber vom Berliner Bendlerblock in das nur 35 Kilometer entfernte Einsatzführungskommando vor den Toren Berlins.
Von dort aus werden alle 14 Auslandseinsätze der Bundeswehr mit rund 4000 Soldaten geleitet. Von der Operationszentrale aus konferierte die neue Oberbefehlshaberin der Bundeswehr per Videoschalte mit den Kommandeuren der deutschen Soldaten im nordirakischen Erbil, im afghanischen Masar-i-Scharif und im malischen Gao.
Aktuell wird darüber diskutiert, ob bald ein weiterer Einsatz hinzukommen könnte. Grossbritannien hat eine europäische Militärmission in der Strasse von Hormus angeregt, nachdem ein britischer Tanker in der strategisch wichtigen Meerenge von iranischen Revolutionsgarden festgesetzt wurde. Die Gespräche darüber laufen noch. Die Optionen reichen von einer reinen Beobachtungsmission bis hin zu militärischen Eskorten für die Handelsschiffe.
Die USA planen eine separate Schutzmission, der sich die Europäer ganz bewusst nicht anschliessen wollen. Grund: US-Präsident Donald Trump verfolgt im Konflikt mit dem Iran eine Strategie des maximalen Drucks, während die Europäer auf Deeskalation setzen und auch an dem einst ausgehandelten Atomabkommen mit dem Iran - aus dem die USA längst ausgestiegen sind - festhalten wollen.
Für eine deutsche Beteiligung kommt erschwerend hinzu, dass das Grundgesetz nur Auslandseinsätze in einem System kollektiver Sicherheit zulässt. Dazu zählen die Europäische Union, die Vereinten Nationen und die Nato. Ob eine lose Koalition von Staaten ebenfalls dazu gezählt werden kann, ist rechtlich umstritten.
Kramp-Karrenbauer betonte, dass es nun «vor allem um Diplomatie und nicht um konkrete militärische Leistungen» gehe. Sie sagte aber auch, dass jede Anfrage «aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte» beantwortet werden müsse. «Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist.» Eine pauschale Absage an eine militärische Beteiligung an einer Golf-Mission lehnt sie also ab.
Kramp-Karrenbauer sprach auch in einem ersten Telefonat mit dem neuen US-Verteidigungsminister Mark Esper über das Thema. Aus ihrem Umfeld hiess es anschliessend, die USA seien sich des Risikos einer Eskalation bewusst und an Verhandlungen interessiert. Eine konkrete Beteiligung Deutschlands an einer Schutzmission sei von Esper nicht erbeten worden.
Der heikelste laufende Einsatz ist für Kramp-Karrenbauer die Anti-IS-Mission, an der sich 440 deutsche Soldaten beteiligen. In Jordanien sind «Tornado»-Aufklärungsflugzeuge und ein Tankflugzeug stationiert, im Irak Militärausbilder. Der kommissarische SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte nach der Vereidigung Kramp-Karrenbauers noch einmal klar gemacht, dass er gegen eine Verlängerung sei.
Kramp-Karrenbauer reagierte im Einsatzführungskommando darauf mit dem Verweis auf eine Aussage von Aussenminister Heiko Maas bei einem Irak-Besuch im Juni. Der SPD-Politiker hatte damals in Bagdad gesagt: «Auf jeden Fall ist das Mandat (...) zurzeit noch absolut unabdingbar, um zu verhindern, dass der IS im Untergrund neue Strukturen aufbaut und damit in die Lage versetzt wird, weiter zu agieren.» Die CDU-Chefin betonte, dass sie der Einschätzung des Aussenministers «ausdrücklich» zustimme.
Der IS hatte jahrelang weite Teile Syriens und des Iraks unter seiner Kontrolle. Im März wurde die letzte IS-Bastion Baghus im Osten Syriens für befreit erklärt. Die Anti-IS-Koalition, der etwa 60 Länder angehören, geht aber davon aus, dass sich immer noch Tausende Kämpfer in der Region aufhalten und aus dem Untergrund ihren Terror fortsetzen könnten.
In der Videoschalte fragte Kramp-Karrenbauer die Soldaten in Erbil, was sie denn für ihren Besuch im August auf ihrem «Wunschzettel» hätten. Die Antwort lautete: «Klarheit über das Mandat.»