Die deutsche Wirtschaft zeigt Anzeichen einer Erholung, doch die Opposition warnt vor anhaltenden strukturellen Herausforderungen.
Die deutsche Wirtschaft steckt seit Monaten in der Flaute (Symbolbild).
Die deutsche Wirtschaft steckt seit Monaten in der Flaute (Symbolbild). - Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Europas grösste Volkswirtschaft scheint allmählich wieder Tritt zu fassen. Die deutsche Opposition kritisiert allerdings strukturelle Probleme.

Kein Sommermärchen, aber wachsende Hoffnung: Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich Volkswirten zufolge allmählich aus der Flaute heraus. Das Ifo-Institut setzte am Donnerstag seine Konjunkturprognose herauf und rechnet jetzt mit einem Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 0,4 Prozent statt von 0,2 Prozent. Es sei noch kein Sommermärchen, aber «es entsteht gerade neue Hoffnung», sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank mehren sich die Lichtblicke für die deutsche Wirtschaft. Die Union warf der Bundesregierung allerdings vor, die deutsche Wirtschaft verliere immer mehr an internationaler Wettbewerbsfähigkeit.

Die Inflation dürfte dem Ifo zufolge dieses Jahr weiter abflauen auf 2,2 Prozent nach 5,9 Prozent im Schnitt des vergangenen Jahres. Da zugleich die Löhne stiegen, könnte der zu Jahresanfang rückläufige Konsum der privaten Haushalte allmählich wieder zulegen.

Weichen auf Erholung gestellt – Strukturelle Probleme ungelöst

Der weltweite Handel und die globale Industrieproduktion dürften sich ab der zweiten Jahreshälfte weiter erholen und damit auch den deutschen Export steigen lassen.

Die Lockerung der Geldpolitik unterstütze Investitionen, sagte Wollmershäuser. Weil sich die Teuerung in Deutschland und im Euroraum insgesamt tendenziell abgeschwächt hat, senkte die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang Juni erstmals seit der Inflationswelle wieder die Zinsen.

«Die Weichen sind tendenziell auf Erholung gestellt», sagte Wollmershäuser. Aber die Bundesregierung habe keinen klaren wirtschaftspolitischen Kurs. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte, bei der Konjunktur gebe es «ein bisschen Aufhellung, aber die strukturellen Probleme sind ungelöst». Die Investitionen in Deutschland seien rückläufig, weil stabile Rahmenbedingungen fehlten.

Die Deutsche Bundesbank rechnet damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal erneut etwas steigt. «Während die deutsche Wirtschaft nach wie vor Gegenwind hat, mehren sich die Lichtblicke», hiess es im am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht der Notenbank. Im ersten Quartal hatte Europas grösste Volkswirtschaft gestützt vom Export und gestiegenen Bauinvestitionen mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent überrascht.

Bundesbank sieht Aufschwung

Die Industrie arbeitet sich der Bundesbank zufolge langsam aus ihrer Schwächephase heraus. Der private Konsum könnte im laufenden Quartal etwas zulegen. Vor allem dank kräftig steigender Löhne verbesserten sich die Ausgabenspielräume der Konsumentinnen und Konsumenten derzeit spürbar.

Die anderen Wirtschaftsforschungsinstitute, die mit dem Ifo-Institut im Herbst und im Frühjahr die Gemeinschaftsdiagnosen für die Bundesregierung erstellen, legten ihre Prognosen vergangene Woche vor. Sie erwarten für dieses Jahr zwischen 0,2 und 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum und 2,2 bis 2,4 Prozent Inflation.

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Julia Klöckner (CDU), kritisierte: «Innovationen, Neugründungen, Investitionen rutschen am Standort weg.» Das habe nicht nur konjunkturelle, sondern schwerwiegende strukturelle Folgen. «Jede verantwortlich denkende Regierung würde in einer solchen Situation handeln, ein Paket schnüren, um wieder mehr wirtschaftliche Dynamik zu entfachen», sagte Klöckner der Deutschen Presse-Agentur.

Innerhalb der Bundesregierung laufen derzeit angesichts von Milliardenlöchern schwierige Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025. Geplant ist auch ein Wachstumspaket.

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