Lindner: Haushaltsberatungen «noch nicht in der Landezone»
Die Gespräche über den Haushalt in der Ampel-Koalition verlaufen zäh. Ein Ende ist noch nicht absehbar. Linke Sozialdemokraten haben indes ein Mitgliederbegehren gegen Sozialkürzungen eingereicht.
Bei ihren schwierigen Beratungen zum Bundeshaushalt 2025 hat die Koalition nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Christian Lindner noch viel Arbeit vor sich. «Wir haben die Landezone noch nicht erreicht», sagte der FDP-Politiker der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Es gehe «nicht nur um einen Haushaltsentwurf für das nächste Jahr», «sondern auch um eine grundlegende Wende unserer Wirtschaft», betonte der Finanzminister.
Lindner fügte hinzu: «Staatsgeld umverteilen und Subventionen schaffen keine Wertschöpfung.» Zudem müsse der Staat in seinen Kernaufgaben handlungsfähiger werden. «In der Beschränkung liegt insofern die Chance, die wirklich wichtigen Vorhaben bei Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur und Sicherheit verstärkt anzugehen», betonte Lindner. Den Erfolg der Verhandlungen will er nicht von einzelnen Massnahmen abhängig machen, sondern vom «Niveau der Ambition insgesamt».
Die Ampel-Koalition wollte eigentlich am 3. Juli einen Haushaltsentwurf vorlegen. Lindner hatte aber bereits angedeutet, dass die Vorlage später kommen könnte. Der Finanzminister verhandelt immer wieder mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über den Etat. Die SPD-Chefin Saskia Esken hatte Lindner vor einem zu rigiden Sparkurs und in dem Zusammenhang vor einem «historischen Fehler» gewarnt.
Dies wies der Minister erneut zurück. Er verwies in der Zeitung darauf, dass seit 2022 Sozialleistungen ausgeweitet worden seien. Dem Land fehle aber Wirtschaftswachstum, da könne man nicht weitermachen wie in den vergangenen zehn Jahren. «Auch Frau Esken muss erkennen, dass der Wohlstand erst erwirtschaftet werden muss, bevor er verteilt werden kann», betonte der Finanzminister.
SPD-Linke: Mitgliederbegehren zum Haushalt
Linke Sozialdemokraten haben indes beim Parteivorstand ein Mitgliederbegehren auf den Weg gebracht, das sich in den laufenden Verhandlungen für den Bundeshaushalt 2025 gegen Kürzungen unter anderem im Sozialbereich wendet. Der beispielsweise vom «Forum DL21» getragene Beschlussvorschlag liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuerst hatte der «Spiegel» darüber berichtet. In der Parteiführung wird das teilweise kritisch gesehen.
Für die Bereiche Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie, Bildung, Demokratie und Entwicklungszusammenarbeit legt das Papier fest: «Die Ressort-Ansätze der betroffenen Ministerien dürfen im Vergleich zum Vorjahreshaushalt nicht gekürzt werden. Stattdessen brauchen wir Aufwüchse in diesen Bereichen sowie deutlich mehr Investitionen in bezahlbares Wohnen, eine nachhaltige Infrastruktur, starke Kommunen und einen ambitionierten Klimaschutz.»
Zur Begründung heisst es unter dem Titel »Unsere Demokratie nicht wegkürzen, in unsere Zukunft investieren!«: «Ein Sparhaushalt würde eine Geisterfahrt in ökonomischer, ökologischer und demokratischer Hinsicht bedeuten.» Das Papier schliesst mit dem Appell: «Die Partei ruft die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion auf, einem Bundeshaushalt nur unter diesen Massgaben zuzustimmen.»
Auch die Jusos tragen die Vorlage mit: «Der Juso-Bundesvorstand unterstützt das Ziel der DL21 eines Mitgliederbegehrens unter den SPD-Mitgliedern, für einen starken Investitionshaushalt und die Verhinderung eines Sparhaushalts wie von der FDP gewünscht», sagte er ein Sprecher des Parteinachwuchses der dpa.
Einengung für den Kanzler
Ein solches Mitgliederbegehren könnte im Falle eines Erfolgs den Handlungsspielraum von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in den Verhandlungen mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einengen.
Für die Einleitung des Begehrens bedarf es nach Angaben des «Forums DL21» der Unterstützung von einem Prozent der SPD-Mitglieder aus mindestens zehn Unterbezirken von mindestens drei Bundesländern. Das sind derzeit knapp 4000 Mitglieder, die innerhalb eines Monats online ihre Unterstützung erklären müssten. Das Begehren kommt demnach zustande, wenn es innerhalb von drei Monaten 20 Prozent der Mitglieder unterstützen, also rund 76.000. Der Parteivorstand muss dann erklären, ob er dem stattgibt – anderenfalls kommt es zu einem Mitgliederentscheid.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht das Vorhaben kritisch. «So ein Bundeshaushalt ist mehr als komplex und für eine Mitgliederbefragung denkbar ungeeignet», sagte er der «Welt am Sonntag».
Tauziehen um den Haushalt
Derzeit lähmt der Streit um Einsparungen im Haushalt 2025 die Ampel und wirft immer wieder Fragen zum Weiterbestand der Dreier-Koalition auf. Verschiedene Ressorts wollen Lindners Sparvorgaben nicht einhalten. Der Finanzminister pocht aber darauf, dass die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten wird. Diese sieht neue Schulden nur in einem begrenzten Umfang vor. Er argumentiert, der Investitionsbedarf bis 2030 und darüber hinaus könne durch den regulären Etat gedeckt werden. Voraussetzung sei aber, Ausgaben umzuschichten und Prioritäten zu verschieben. Als Beispiel nennt er den Sozialetat.