Linke mit «Leipziger Erklärung» auf Distanz zu Wagenknecht

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Deutschland,

Erst viele Wahlschlappen, dann der ständige Streit: Die Linke weiss selbst, dass sie in der Krise steckt. Nun versuchen die Vorsitzenden, die Reihen zu schliessen. Ohne die bekannteste Genossin.

Die Partei- und Fraktionsvorstände der Linken, hier (v.l.) Amira Mohamed Ali, Martin Schirdewan, Janine Wissler und Dietmar Bartsch, haben sich auf eine «Leipziger Erklärung» geeinigt.
Die Partei- und Fraktionsvorstände der Linken, hier (v.l.) Amira Mohamed Ali, Martin Schirdewan, Janine Wissler und Dietmar Bartsch, haben sich auf eine «Leipziger Erklärung» geeinigt. - Heiko Rebsch/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Soziale Sicherheit, gut entlohnte Arbeit, strikter Klimaschutz und Frieden: Die Linke versucht, mit klaren Schwerpunkten wieder Tritt zu fassen und internen Streit zu überwinden.

Die Partei- und Fraktionsspitzen aus Bund und Ländern einigten sich am Samstag bei einem Krisentreffen in Leipzig nach Angaben aus Parteikreisen auf eine gemeinsame Erklärung. Damit grenzten sie sich auch von der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht ab, die als Kritikerin der Parteispitze auftritt und eine eigene Parteigründung in den Raum gestellt hat.

Die «Leipziger Erklärung» verweist auf die Krise der Linken, die bei der Bundestagswahl und den vergangenen vier Landtagswahlen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. Im Bundestag ist sie nur deshalb in Fraktionsstärke, weil drei Kandidaten Direktmandate gewannen. Die Linke sei eine «historische Errungenschaft», doch sie sei in Gefahr, heisst es in dem Papier. «Relevante Gruppen in der Gesellschaft fühlen sich von ihr nicht mehr angesprochen.»

Die Linke biete ein Bild der Zerstrittenheit. «In der Öffentlichkeit wird sogar über die Bildung eines alternativen Parteiprojekts spekuliert», heisst es. «Wir sind dagegen bereit, für unsere gemeinsame Partei zu kämpfen, das historische Projekt einer geeinten, pluralen sozialistischen Partei zu verteidigen und weiterzuentwickeln.»

Wagenknecht ist beim Treffen nicht dabei

Zur Klausur in Leipzig hatten die Bundesvorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan alle wichtigen Funktionsträger geladen, also neben dem Parteivorstand auch die Spitzen der Bundestagsfraktion sowie Landesverbände und Landtagsfraktionen. Nach Angaben aus der Partei kamen 64 Funktionäre. Wagenknecht war nicht dabei – sie ist Bundestagsabgeordnete, hat aber kein Parteiamt.

Die 53-Jährige ist die vielleicht bekannteste Linke, doch vertritt sie immer wieder andere Positionen als die Mehrheit der Partei – und eckt damit auch intern an. So warf sie der Bundesregierung vor, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland «vom Zaun zu brechen» und will weitere Öl- und Gasimporte aus Russland. Die «Leipziger Erklärung» fordert hingegen «ein Vorantreiben der Energiewende» und Milliarden für den Ausbau von erneuerbaren Energien.

Bekenntnis zur Kriegspartei Ukraine

Während Wagenknecht beim Ukraine-Krieg eine Mitverantwortung der USA und der Nato sieht, schreibt das Parteipapier die Schuld Russland zu und betont: «Wir bekennen uns zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und fordern die volle Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität.» Ein weiterer Dissens: Wagenknecht hatte zuletzt die Grünen als die gefährlichste Partei im Bundestag bezeichnet, während viele Linke der AfD diese Rolle zuschreiben. Die «Leipziger Erklärung» betont nun eine «klare Kante gegen rechts».

Daneben bekräftigt das Papier bekannte Forderungen, darunter eine Umverteilung von oben nach unten, eine «Stärkung des Öffentlichen» bei Grundbedürfnissen wie Wohnen oder Energieversorgung, höhere Hilfen für Arme und eine Überwindung der Schuldenbremse. Für ein Ende des Ukraine-Kriegs werden diplomatische Initiativen gefordert, unter anderem bei China und Indien, «die Einfluss auf Russland ausüben können, um zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu kommen».

Für die anstehenden Wahlen geben die Parteispitzen die Linie aus, in Berlin und Bremen weiter mitzuregieren und in Bayern, Schleswig-Holstein und Hessen möglichst stark zu werden. «Unser Ziel ist es daher, die Linke in den kommenden Wahlen zu stärken», hält das Papier fest.

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