Mord

Luise (†12): Mord wird Täterinnen «das ganze Leben prägen»

Nicola Wittwer
Nicola Wittwer

Deutschland,

Der Mord an der zwölfjährigen Luise schockiert über Deutschland hinaus. Wieso können junge Mädchen eine solche Tat ausüben?

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Ein 12- und ein 13-jähriges Mädchen haben Luise (†12) am Wochenende erstochen und getötet. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland wird eine Zwölfjährige von zwei gleichaltrigen Mädchen erstochen.
  • So junge Kinder-Täter seien häufig «auffällig», sagt ein Rechtspsychologe.
  • Laut einem Kinderpsychologen gäbe es für so eine Tat keine plausible Erklärung.

Im deutschen Freudenberg wird ein zwölfjähriges Mädchen grausam ermordet. Auf die junge Luise (†12) wird am Wochenende mehrmals mit einem Messer eingestochen – sie verblutet.

Die Täterinnen: Zwei Mädchen im Alter von erst 12 und 13 Jahren. Die beiden sind aufgrund ihres jungen Alters in Deutschland noch nicht strafmündig. Für das Verbrechen an Luise können sie deshalb nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Im Land und auch über die Grenzen hinaus stellt sich die Frage: Wieso können Kinder eine solche Tat ausüben?

«Es gibt keine plausible Erklärung», sagt Kinderpsychologe Allan Guggenbühl auf Anfrage. Bei so einer Tat würden «ganz viele Faktoren» eine Rolle spielen. Es könne sein, dass ein Mädchen bereits belastet gewesen sei.

Das Ganze könne aber auch «situativ», aus einem Streit oder einer Aufregung entstanden sein. Einen Menschen umzubringen sei an sich etwas «Banales», erklärt Guggenbühl. «Gottseidank nicht etwas, das Kinder lernen oder damit vertraut sind.» Die Täterinnen könnten in einen Rausch geraten sein, «das eine hat das andere ergeben, bis es zur grässlichen Tat kam».

Belasten wird die Tat die beiden Mädchen wohl auch in Zukunft. Gemäss Guggenbühl wird die Verarbeitung «vom Charakter abhängig» sein. Wenn sie älter sind, werde es aber mal «einschlagen», dass sie jemanden getötet haben. «Es wird das ganze Leben prägen.»

Rechtspsychologe: Kinder-Täter sind meistens «auffällig»

Weil Mordfälle mit so jungen Tätern sehr selten sind, kann man sie wissenschaftlich nur schwer untersuchen. Es habe aber «vieles mit der Persönlichkeit der jungen Täter zu tun», sagt Rechtspsychologe Jérôme Endrass auf Anfrage von Nau.ch.

Generell sei sicher nicht jedes Kind zu so einer Tat fähig. In reichen Ländern wie Deutschland kämen nur wenige Kinder auf die Idee, anderen schwersten Schaden zuzufügen.

Haben Sie den tragischen Fall der in Deutschland getöteten Luise (†12) mitverfolgt?

Minderjährige, die schwerste Straftaten begehen, würden in der Regel höchst auffällige Persönlichkeitsmerkmale aufweisen. Darunter fallen zum Beispiel schwerste Formen von Kränkbarkeit oder gravierende emotionale Instabilität.

Die Auffälligkeiten variieren aber zwischen den Tätern, sagt Endrass. «Es gibt nicht DAS Profil.» Endrass verweist diesbezüglich auf eine Untersuchung von zwölf Schulschiessereien in Deutschland. Die jungen Täter waren dabei alle auf eine Art auffällig, aber «auf unterschiedliche Weise».

Welche Rolle spielt die Erziehung?

Wie sehr in solchen Fällen die Eltern, beziehungsweise die Erziehung verantwortlich gemacht werden können, sei schwierig abzuschätzen.

Bei einigen Kinder-Tätern seien Mutter und Vater eher distanziert oder gleichgültig, erklärt Endrass. Also zu wenig nahe, um entsprechende Auffälligkeiten zu erkennen. «Im Normalfall haben Kinder aber auch nicht Mordgedanken.»

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Unbekannte haben am Fundort des ermordeten zwölfjährigen Mädchens Luise Blumen in den frisch gefallenen Schnee gelegt. - keystone

Bei Morddelikten mit minderjährigen Tätern müsse man sich fragen, ob die Kinder im Vorfeld der Straftat Gewalt-Fantasien hatten, sagt der Rechtspsychologe. Dass solche Fantasien und Gedanken beispielsweise von Filmen oder Serien stammen, glaubt Endrass nicht zwingend. Sie können aber vorbestehende Fantasien «verstärken und verfestigen».

Brutale Attacke gegen Opfer

Im Fall der zwölfjährigen Luise wirft auch die Art und Weise des Mordes Fragen auf. Wenn man jemanden mit einem Messer ersteche, müsse man sehr nahe an ihm sein, erklärt Endrass. Somit müsse man nochmal «eine andere Hemmschwelle überschreiten».

Weiter könnte auch eine Gruppendynamik eine Rolle spielen, im Fall Luise waren die Täterinnen zu zweit. Bei einer von beiden könnte es sich laut Rechtspsychologe Endrass allerdings auch um eine Mitläuferin handeln. Erst eine Begutachtung der Täterinnen könne allerdings die Fragen nach den Motiven, den Tatumständen und den Risikoeigenschaften wirklich klären.

«Ein solches Ereignis hat man nicht auf dem Radar», sagt Allan Guggenbühl. Zwar sage man Kindern auch, sie sollen nicht mit Waffen spielen. Dennoch denke man nicht, dass so etwas geschehen werde.

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