Mehr Baugenehmigungen - Hohes Plus bei Zweifamilienhäusern
Die Bauämter in Deutschland bewilligen mehr neue Wohnungen. Ob das für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgt, ist allerdings umstritten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist im ersten Halbjahr gestiegen.
Die Behörden bewilligten den Neubau oder Umbau von 189.781 Wohnungen. Das waren 7,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.
Ein besonders kräftiges Plus von 37,5 Prozent gab es im Neubau von Zweifamilienhäusern. Die aus Sicht der Bauindustrie für die breite Bevölkerung besonders wichtigen Neubaugenehmigungen von Mehrfamilienhäusern stiegen um 1,9 Prozent. Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sieht keine durchgreifende Entspannung. Der Immobilienverband IVD sprach dagegen von einer guten Nachricht für Mieter.
Die Zahl der Baugenehmigungen ist ein wichtiger Indikator für den Neubau im Kampf gegen Wohnungsnot in vielen Städten. Allerdings werden in einigen Fällen Wohnungen genehmigt, aber zunächst nicht gebaut - etwa weil Handwerker und Baufirmen wegen grosser Nachfrage nach Immobilien keine Kapazitäten haben.
«Mehr Baugenehmigungen bedeuten nicht automatisch auch mehr Wohnungen. In Wohnungen, die nur auf dem Papier genehmigt sind, kann keiner wohnen», sagte Robert Feiger, Chef der IG BAU. Der Bau brauche von der neuen Bundesregierung Planungssicherheit, die über die Legislaturperiode hinausgehe. «Dazu gehören vor allem klare mittel- bis langfristige Zusagen für die Förderung des sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus». Zudem müssten die Löhne und Arbeitsbedingungen in der Branche deutlich attraktiver werden.
Die IG BAU fordert in der aktuellen Tarifrunde für die rund 890.000 Beschäftigten in der deutschen Bauwirtschaft neben einem Wegegeld 5,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt für ein Jahr Laufzeit.
Der Immobilienverband IVD beurteilte die Entwicklung positiv. «Der Anstieg der Baugenehmigungen führt bereits seit einiger Zeit auch zu mehr Baufertigstellungen, was die Mietenentwicklung in Deutschland nachhaltig bremst», erklärte IVD-Präsident Michael Schick. «Forderungen, die auf ein noch schärferes Mietrecht abzielen, wird durch diese Entwicklung nach und nach der Boden entzogen.»
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wies darauf hin, dass im Gegensatz zum Wohnungsbau die Nachfrage nach industriellen Hochbauten im ersten Halbjahr stark gesunken sei. Die Genehmigungen von Fabrik- und Werkstattgebäuden lägen um 26,7 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. «Hier haben die gestörten Lieferketten sowie die starken Preissteigerungen bei Materialien die allgemeine Verunsicherung hinsichtlich der zukünftigen konjunkturellen Entwicklung vermutlich noch verstärkt», erläuterte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller.
Im Juni sank die Zahl der Baugenehmigungen gegenüber dem Vormonat. Die Behörden bewilligten den Bau von insgesamt 31.844 Wohnungen. Um Saison- und Kalendereffekte bereinigt waren dies 7,5 Prozent weniger als im Mai. Einen deutlichen Rückgang um 11,4 Prozent gab es im Neubau für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Bei Einfamilienhäusern wurde hingegen ein Anstieg um 7,1 Prozent verzeichnet.