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Mord in Berlin: Generalbundesanwalt verdächtigt Moskau

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Deutschland,

Der Mord geschah an einem Sommertag mitten in Berlin. Das Opfer wurde kaltblütig erschossen. Der Täter agierte zwar nicht wie ein Profi. Trotzdem könnte er nach als russischer Auftragskiller unterwegs gewesen sein.

Spurensicherung am Tatort in Berlin-Moabit im August. Foto: Christoph Soeder/dpa
Spurensicherung am Tatort in Berlin-Moabit im August. Foto: Christoph Soeder/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Mörder kam überraschend von hinten.

Auf einem Fahrrad folgte er dem 40-jährigen Tschetschenen am 23. August kurz vor 12.00 Uhr. In einem kleinen Park in Berlin-Moabit schoss er ihm in Rücken und Kopf. Das Opfer starb noch am Tatort.

Nach monatelangen Ermittlungen erhärtet sich nun bei der deutschen Bundesanwaltschaft in Karlsruhe der Verdacht, dass die Tat aus dem Ausland gesteuert wurde. Der Generalbundesanwalt will die Ermittlungen an sich ziehen. Unter Verdacht stehe Russland als möglicher Auftraggeber, berichtete «Spiegel Online».

Der Täter floh an dem sommerlichen Tag mit seinem Fahrrad Richtung Spree, wie die Rekonstruktion des Ablaufs durch die Polizei ergab. Am Flussufer hatte er zuvor einen E-Tretroller bereitgestellt. Als er das Rad, eine Perücke und eine Pistole ins Wasser warf, wurde er von zwei Jugendlichen beobachtet. Die alarmierte Polizei nahm den Verdächtigen fest, bevor er mit dem E-Roller flüchten konnte. In einer Wohnung des Mannes stiess die Mordkommission auf viel Bargeld. Der Haftbefehl wurde wegen heimtückischen Mordes erlassen.

Die Identität des Verdächtigen, der seit seiner Festnahme schwieg, liess sich monatelang nicht klären. Bekannt wurde, dass er mit einem russischen Pass unterwegs war, nach dem er 49 Jahre alt sein soll. Unklar war, ob der Pass echt war. Die Polizei veröffentlichte das Foto eines glatzköpfigen Mannes mit Kinnbart und bat um Hinweise. Die Behörden in Russland lieferten keine verwertbaren Informationen.

Über das Opfer gab es mehr Informationen: Der 40-jährige ist Georgier, gehört zur Volksgruppe der muslimischen Tschetschenen und soll Anfang der 2000er-Jahre gegen Russland gekämpft haben. 2015 soll er in Georgien einen Mordanschlag überlebt haben. 2016 stellte er in Deutschland einen Asylantrag. Die Polizei sah ihn kurzzeitig als «islamistischen Gefährder».

Schnell ging es um den Verdacht, der Täter sei beauftragt worden. Weder gebe es ein persönliches Motiv noch Hinweise zu einer kriminellen Verbindung zwischen Täter und Opfer, sagte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft. Kurz nach der Tat sollen zwei russische Diplomaten den Verdächtigen zu einem ausführlichen Gespräch im Gefängnis besucht haben.

Medien fanden Hinweise darauf, dass der Mann unter falscher Identität nach Deutschland gereist war. Der «Spiegel» berichtete, in der Datenbank für russische Ausweispapiere soll sich ein Sperrvermerk für den Namen finden. Solche Vermerke gab es schon früher bei russischen Geheimdienstlern. Ausserdem führe die Nummer des falschen Reisepasses zum Moskauer Innenministerium, wo schon früher Dokumente für den Militärgeheimdienst GRU ausgestellt worden seien.

Die russische Führung wies von Anfang an jeden Verdacht zurück. «Dieser Fall hat natürlich nichts mit dem russischen Staat und seinen Behörden zu tun», sagte ein Sprecher.

Nun gibt es aber neue Berichte von «Spiegel Online» und dem Rechercheverbund von «Süddeutscher Zeitung», NDR und WDR, nach denen Forensik-Experten die wahre Identität des Mannes enttarnten. Sein Bild stimme mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem eines mutmasslichen Mörders in einem Fall aus dem Jahr 2013 überein. Auch dieser habe sich seinem Opfer per Rad genähert. Russland habe die internationale Fahndung nach ihm 2015 beendet. Laut den Berichten vermuten Polizei und Staatsanwaltschaft, dass der Mann vom russischen Geheimdienst als Auftragskiller nach Berlin geschickt wurde.

Für die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, die die Berliner Ermittlungen seit Wochen genau verfolgte, ist das demnach offenbar ein Grund, das Verfahren an sich zu ziehen. Die Behörde ist zuständig für alle Fälle von Staatsterrorismus. Wegen der «besonderen Bedeutung des Falls» kann der Generalbundesanwalt auch Ermittlungen zu Bluttaten übernehmen, die die Verfassungsgrundsätze erschüttern und das Ansehen Deutschlands schädigen. Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte zu den Medienberichten vom Dienstag nur, dass das Verfahren bislang nicht übernommen worden sei.

Ob sich der Mord zu einer diplomatischen Krise zwischen Deutschland und Russland entwickelt, hängt von den Ermittlungen ab. Russische Zeitungen ziehen bereits Parallelen zu mysteriösen Todesfällen an Exil-Russen, die in den vergangenen Jahren hohe Wellen schlugen.

2006 starb unter den Augen der Weltöffentlichkeit ein früherer Geheimdienstmitarbeiter in London an dem Strahlengift Polonium 210. In Wien wurde 2009 vor einem Supermarkt ein geflüchteter Tschetschene erschossen - als Auftraggeber wird der kremltreue Republikchef Ramsan Kadyrow vermutet. Für einen internationalen Aufschrei sorgte 2018 der Mordanschlag auf den russischen Ex-Agenten und Überläufer Sergej Skripal und seine Tochter in England. Zwei mutmassliche Agenten des russischen Geheimdienstes GRU sollen nach britischen Erkenntnissen das Nervengift Nowitschok eingesetzt haben. Beide Opfer überlebten knapp. Westliche Länder wiesen als Antwort rund hundert russische Diplomaten aus.

Die Reaktion aus Moskau? Immer die gleiche: Dementieren und Leugnen.

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