Nawalny-Team fordert Ausweitung der Russland-Sanktionen
Nach der Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny hat das Team des Oppositionsführers eine Ausweitung der Sanktionen gefordert.
Es müssten auch persönliche Sanktionen gegen Oligarchen und Unternehmer aus dem Umfeld von Kremlchef Wladimir Putin verhängt werden, sagte der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow der Vereinigung der UN-Korrespondenten in Genf (ACANU). Die Frage, ob er Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder zu diesem Kreis zähle, bejahte Wolkow. Schröder stehe aber nicht auf der Prioritätenliste.
Bisher hat die EU wegen des Giftanschlags auf Nawalny und seiner Inhaftierung nur gegen russische Staatsfunktionäre Sanktionen verhängt.
Sanktionen ohne Effekt
Die Einreise- und Kontosperren haben aber kaum Effekt, weil die meisten Betroffenen ohnehin nicht in den Westen reisen oder dort Eigentum haben dürfen. Über die Oligarchen, deren Familien teils im Westen leben, verfüge Putin über ein weitreichendes Netzwerk mit viel Einfluss in Europa, sagte Wolkow. Nur über Massnahmen gegen sie könne genügend Druck auf Putin ausgeübt werden.
Alt-Kanzler Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender des russischen Ölriesen Rosneft sowie Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die russisches Erdgas nach Europa bringen soll. Die Pipeline sei an sich eine gute Sache, sagte Wolkow. Aber westliche Handelspartner müssten sich gut überlegen, ob sie mit der Regierung unter Putin Geschäfte machen wollten.
Wolkow lebt im Ausland. In Russland wird er per Haftbefehl gesucht. Die russische Justiz wirft ihm vor, Minderjährige zu Protesten gegen Putin aufgerufen zu haben. Wolkow weist das zurück.
Keine neue Leitfigur nötig
Nach seinen Angaben laufen die Vorbereitungen für die Wahlen im September auf Hochtouren. Zu den landesweit 37 Nawalny-Büros, die Wolkow aus dem Ausland steuert, kämen bald zehn weitere hinzu.
Nawalnys Bewegung ist nicht als Partei registriert. Sie ruft Wähler aber auf, nur Kandidaten zu wählen, die nicht der Kremlpartei «Geeintes Russland» angehören. «Unsere operationale Struktur ist intakt, und wir arbeiten unter Volldampf», sagte Wolkow.
Die Bewegung suche keine neue Leitfigur. «Nawalny ist weiter unsere Führungsfigur, und er kann diese Rolle auch unter den derzeitigen Umständen ausfüllen», sagte Wolkow. Er gebe die Vision und Strategie vor. Wolkow kündigte neue Proteste gegen die Inhaftierung Nawalnys an - Einzelheiten wollte er aber noch nicht nennen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Nawalny verhängten EU und USA Sanktionen.
- Dessen Team fordert jedoch noch stärkere Massnahmen.
- Die Einreisesperren hätten kaum Effekt, weil die Betroffenen nicht in den Westen reisen.