Nazi-Kunst auch in Schweizer Museen denkbar
Das Wichtigste in Kürze
- Ein holländisches Museum wird für eine Ausstellung zu Nazi-Design kritisiert.
- Das Zürcher Museum für Gestaltung findet eine solche Ausstellung legitim.
- Schocktherapie im Sinne von «dem Schrecken ins Maul schauen» sei aber nicht sinnvoll.
Das Design Museum in holländischen Den Bosch steht harsch in der Kritik. Bis im Januar zeigt das Haus unter dem Titel «Design im Dritten Reich» 270 Exponate aus der Nazi-Zeit. Wandteppiche mit Reichsadler und Hakenkreuz oder Propaganda-Plakate, gefeiert als Design-Objekte.
Auch in der Schweizer Kunstszene hat man davon Wind gekriegt. So Roman Aebersold, Vizedirektor des Zürcher Museums für Gestaltung. «Wie üblich im Metier haben die Verantwortlichen mit anderen Design-Museen im Vorfeld über ihre Pläne gesprochen. Auch mit uns – wenn auch nur informell.»
Legitim unter bestimmten Voraussetzungen
Das führende Schweizer Museum für Design hat noch nie eine Ausstellung zu Nazi-Design durchgeführt. Aebersold findet das Projekt in Holland dennoch legitim. «Vorausgesetzt, die Design-Aktivitäten des Nazi-Regimes werden differenziert dargestellt und jederzeit in den Kontext gestellt.»
Museen seien ein Ort des Lernens, der Aufklärung und der Meinungsbildung. «Im Fall der Design-Museen geht es darum, Design zu erklären und die Wirkung zu erläutern. Man kann das an politisch nicht-heiklen Beispielen oder anhand eines kontroversen Themas machen.»
Das holländische Museum wählte bewusst den zweiten Weg. Dann brauche es zwingend begleitende Massnahmen, findet der Leiter Sammlungsbetrieb aus Zürich. «Man muss den Besuchenden die Hintergründe, Motive und Folgen der Nazi-Designstrategie aufzeigen.» Dass das Museum darauf verzichtet, sei «sehr heikel».
Allgemein lässt sich in der jüngeren Vergangenheit in der Schweiz keine grosse Ausstellung mit Nazi-Kunst finden. Für hitzige Diskussionen sorgte hingegen Raubkunst aus Zeiten des Nationalsozialismus. Besonders durch den verstorbenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt, dessen Sammlung höchst umstritten ist.
Keine Schocktherapie
Der Direktor des holländischen Museums begründete, man müsse dem Schrecken direkt ins Maul schauen. Erst dann könne man es verstehen.
Diese Aussage kann Roman Aebersold nicht unterstützen. «Natürlich sollen die Besuchenden der Ausstellungen herausgefordert oder mindestens eingeladen werden, sich Gedanken zu machen. ‹Schocktherapie› scheint mir bei diesem sensiblen Thema kein geeignetes Mittel zu sein.»
Aebersold vergleicht die Arbeit der Museen mit dem Geschichtsunterricht. «Wir müssen über dieses dunkle Kapitel der Geschichte reden und die nachfolgenden Generationen informieren. Dabei müssen wir aber immer die schrecklichen Folgen darlegen. Nur so können wir aus der Geschichte lernen.»