Netz bedauert Abgang von britischen Parlamentspräsident John Bercow
Das Wichtigste in Kürze
- John Bercow gab gestern seinen Rücktritt bekannt.
- Seine Ordnungsrufe machten den Parlamentspräsidenten weltberühmt.
- Im Netz bekommt «Mr Speaker» viel Beifall.
«Ordeeeer», «Ordeeeer!» – schallt es bei Sitzungen des britischen Unterhauses durch den Saal. Doch die markanten Ordnungsrufe von John Bercow dürften in Kürze verstummen. Denn seit gestern ist klar: Der lustige Parlamentspräsident wird sein Amt bis spätestens am 31. Oktober niederlegen – dem Tag, an dem Grossbritannien die EU verlassen soll.
Bercow hat sich mit seiner aufgestellten Art in Grossbritannien und anderen Ländern zu einer regelrechten Kultfigur gemausert. Kein Wunder also, dass dessen Rücktritt für grosse Empörung sorgte.
Seit Stunden steht das Netz regelrecht Kopf. Fans aus aller Welt drücken ihr Bedauern aus. So schreibt ein User auf Twitter leicht sarkastisch: «Für Grossbritannien ist der Rücktritt von John Bercow wesentlich tragischer als der ganze Brexit.»
Ein weiterer Nutzer wiederum erleidet richtigen Seelenschmerz: «Ein drohender Rücktritt von John Bercow fühlt sich jetzt schon irgendwie so an, wie der Serientod des Lieblingscharakters.»
Auch in politischen Kreisen bekam Bercow viel Beifall. Der schottische Politiker Stewart Hoise macht seiner Wut regelrecht Luft: «Er erhielt stehenden Beifall, aber nicht von den sauer gestellten Tories. Schade, dass sie sich nicht dazu durchringen konnten, einem hart arbeitenden Beamten zu danken.»
Ich würde mich freuen, wenn wir Bercow in der Europäischen Kommission oder im Europäischen Parlament begrüssen könnten», schreibt wiederum der belgische Politiker und Mitglied des Europäischen Parlaments Guy Verhofstadt.
Familiäres Versprechen führte zum Rücktritt
Bercow ist bereits der 157. «Speaker of the House of Commons». Mehrere seiner Vorgänger überlebten den Posten nicht. Heute ist es eher der exzentrische Bercow, vor dem die Abgeordneten zittern. Denn «Mr Speaker», so wird er im Parlament angesprochen, ist quasi der Herr über die Debatten und Abstimmungen.
Auch die frühere Premierministerin Theresa May kam nicht an dem kleingewachsenen Bercow vorbei. Eine dritte Abstimmung über ihren bereits zwei Mal gescheiterten Brexit-Deal, liess er erst nach einer substanziellen Änderung der Vorlage zu. Der Clou: Er berief sich dabei auf eine 415 Jahre alte Regel, die kaum noch jemand parat hatte. Die Regierung musste sich schliesslich beugen.
Bercow selbst – das ist kein Geheimnis – hätte Grossbritannien lieber weiter in der Europäischen Union gesehen. Doch das Brexit-Chaos scheint letztlich nicht der Grund für seinen Rücktritt zu sein. Vielmehr hat er seiner Familie bei der vergangenen Parlamentswahl versprochen, nicht noch einmal anzutreten. Und Bercow ist ein Mann, der seine Versprechen hält.